Düttmann, Alexander Garciá: Lob der Jugend. Mit einem Vorwort von Marcus Quent. Zürich: Diaphanes Verlag 2021 [ISBN: 9-783035-803891]

Rezensiert von Ringo Rösener (Universität Leipzig)

Alle reden über die Jugend. Der Berliner Philosoph Alexander García Düttmann hat ein Buch über sie geschrieben. Das ist insofern nichts Ungewöhnliches, als dass Düttmann seit jeher und immer sehr tiefschürfend über ein sehr vielfältiges Themenspektrum nachdenkt. Bemerkenswert ist es aber doch, weil sein Lob der Jugend einer Altersperiode nachspürt, der während der Corona-Pandemie die Fesseln angelegt wurden, aber die durchaus seit den Fridays For Future in aller Munde ist. Von den Anliegen und Nöten der Jugend schreibt Düttmann jedoch eher wenig, dafür wartet er mit einer steilen und ungewöhnlichen These auf: Die Jugend ist tot.

Anlass dieser Behauptung ist zunächst einmal eine Verschiebung des Blicks. Düttmann forscht nicht nach einer politisierten Alterskohorte, sondern nach einem Prinzip, das er aus einer persönlichen Einstellung ableitet, aber in der Gegenwart vergebens sucht. Düttmann verfügt seines Erachtens nämlich noch über etwas, das er bei seinen Altersgenoss:innen vermisst: „Weil ich mich fast immer schon jung gefühlt habe, fühle ich mich umso freier und jünger, je älter ich werde; gleichzeitig aber werde ich gar nicht älter, fühle mich nicht freier und jünger, war es immer schon.“ (27) Düttmann ist jung, während alle anderen alt sind. Nonchalant bringt der 60-jährige jenes Lebensgefühl auf den Punkt, das heutige Jugendliche scharf mit dem Wort „Boomer“ guillotinieren, sobald sie eine bestimmte gesättigte Abgehobenheit wittern. Düttmann mag das im Blick haben, wenn er nicht nur seinen Freund:innen, sondern auch den heutigen Jugendlichen die Jugend abspricht, indem er sein Lebensgefühl absichtsvoll hypostasiert. Aber er lässt sich nicht auf den Gedanken ein, dass sein Lebensgefühl womöglich etwas Besonderes ist und nichts mit dem heutigen Jungsein zu tun hat. Stattdessen sucht er ein Prinzip, das er für Jugend hält und das mit seinen Erfahrungen übereinstimmt.

Düttmann schreibt deshalb in erster Linie gar nicht über Jugendliche, sondern über eine Maxime des Denkens, die seines Erachtens zu heben und zu loben wäre. Dieses Prinzip arbeitet er auf erstaunliche Weise aus Texten von Platon, Jacques Lacan, Jacques Derrida und Walter Benjamin heraus und verteidigt es anschließend gegen Judith Butler. Die Auseinandersetzung mit Butler bringt Düttmann wieder zur gegenwärtigen Jugend und ist in der Schärfe ungewöhnlich. Denn muss man ein Prinzip Jugend wirklich gegen eine Autorin verteidigen, die gerade Stichwortgeberin einer äußerst lebendigen und politischen Generation ist? Düttmann findet: ja.

Von Beginn an schwingt die Frage mit, ob hier nicht ein alter weißer Mann eine erneute Front gegen den Wandel des 21. Jahrhunderts eröffnet. Schuld an dieser Konfusion über die Absicht des Textes ist der Autor selbst, weil er in seinem Gesang auf die Jugend eine Spannung einbaut zwischen der heutigen Generation und (s)einer Einsicht in eine – lediglich von Männern beschriebene – philosophische Haltung des Denkens, die bei Düttmann eben Jugend heißt. So ist man hin- und hergerissen zwischen Bewunderung über das, was der Autor zum Prinzip der Jugend aus der Philosophie herausarbeitet, und verzweifelt ob seiner Ignoranz gegenüber erlebter Jugend jenseits seiner beschworenen Philosophie. Dabei muss eines klar sein, eine weibliche Jugend und Verständnis für gegenwärtige Jugendbewegungen bleiben auf der Strecke. Doch dazu später mehr.

Düttmanns Lob der Jugend startet zunächst mit einer Analyse des richtigen Begehrens (27–53). Dieses Begehren, fraglos ein männliches, steht vor der Wahl, die Schönheit jugendlicher Körper oder die des Geistes zu favorisieren. Anhand des berühmten Streitgesprächs zwischen Sokrates und Alkibiades in Platons Symposium forscht Düttmann dem richtigen Begehren als einer Form der Jugend nach. Er kommt zu einem erstaunlichen Urteil: Jugend sei das Ringen um den Geist, angeregt und gleichzeitig bedroht durch die Verlockungen körperlicher Schönheit. Jugend meint bei Düttmann deshalb nicht die Verkörperung von Kraft und Sportlichkeit, sondern ist die Suche nach der Tiefe des Denkens. In diesem Sinne verfüge der alte hässliche Sokrates und nicht der junge schöne Alkibiades über die Jugend (51). Vertraut man Düttmann, weist Sokrates’ Widerstehen der sexuellen Avancen von Alkibiades den Weg zur ewigen Jugend. Alkibiades wird als Lüstling entlarvt, während Sokrates auf jugendlicher Höhe verbleibt. Chapeau!

Düttmann legt auf diese Weise einen philosophischen Begriff der Jugend frei, der natürlich Begehren ist, aber in nicht enden wollender Neugier auf den Geist gefunden wird. Das körperliche Begehren, eigentlich immer ein Faktum der Jugendlichkeit, wird von Düttmann galant aus dem Bereich der Jugend verwiesen. Jugend, das wäre die Suche nach dem Wissen angesichts des Nicht-Wissen-Könnens von Jugendlichen. Düttmann spürt dabei einem Eros nach, der Wissen sucht, aber dafür den Anstoß der jugendlich-naiven Attraktivität braucht. Sokrates reagiert gerade deshalb auf Alkibiades, weil dieser jugendlich ist. Er wird von Sokrates jedoch auch aus demselben Grund „brüskiert“. Der Philosoph nimmt die naive Schönheit zum Anstoß, um sich mit ihrer Hilfe auf die Suche nach neuem Wissen zu begeben. Die Jugendlichkeit regt an, die vermeintlichen Gewissheiten zu prüfen, weil sie immer wieder mit neuer Naivität solche hervorbringt, aber eigentlich nicht weiß. Jung ist nur der, der sich dieser Erkenntnis des Nicht-Wissens wiederholt stellt. In diesem Sinne kann Sokrates als Sinnbild für das Prinzip der Jugend gelten, während Alkibiades als vermeintlich wissender Greis verschmäht werden kann.

Diese Dialektik zwischen Jugendlichkeit als konstantem Anstoß und dem Prinzip der Jugend als Überwindung des vermeintlich Gewussten ist schon ziemlich spannend, weil Düttmann seinen Begriff der Jugend so zwischen jugendlicher Attraktivität und der Suche nach dem Wissen einspannt. Aber leider verliert er sich selbst in den erotischen Spitzfindigkeiten des Zusammenspiels von Körper und Geist sowie von Jung und Alt. Zum einen bewegt er sich auf einer schiefen Ebene, da diese Debatte nirgends zwischen Gleichaltrigen, sondern zwischen Alter und Jugendlichkeit ausgefochten wird. (Das letzte Wort hat dabei immer der weitaus erfahrene und weit gereiste Ältere.) Zum anderen entgeht ihm, dass diese Älteren nicht nur zum Denken verführen, sondern auch zum Missbrauch ihres Charismas neigen. Düttmann verheddert sich in dem Widerspruch, dass die Suche nach dem Geist auch bei ihm immer an der Erotik (und Ausnutzung) des jungen Körpers gebunden bleibt. Beispielhaft steht dafür eine Fußnote zu Michel Foucaults Gastgeber-Qualitäten insbesondere für junge Gäste, die sich an Drogen versuchen und ihre Sexualität in dessen Wohnung und dessen Anwesenheit ausleben durften. Das mag von Foucault gut gemeint und ein geradezu heterotopisches Paradies gewesen sein, aber an dieser Stelle hätte eine kritische Befragung des Machtgefälles zwischen dem Professor und den jungen Menschen in seiner Wohnung gehört (55).

Im nächsten Punkt seines Prinzips gesteht Düttmann der Jugend eine Selbstsucht zu, ja fordert sie geradezu. Sie äußere sich vor allem in der Behauptung eines eigenen Gesprächsraumes (56–65). Mit Gespräch meint Düttmann jedoch nicht das ständige und inhaltsfreie Palavern, sondern die Schaffung einer Art Gegenöffentlichkeit. Das Gespräch der Jugend widersteht dem Lärm der Außenwelt und schüttelt die Last der Vergangenheit ab. Gemeint ist damit, dass Jugend immer neue Wörter sucht und nicht vorgeformte übernehmen will. Die Sprache wird neu vermessen, um das „Sein der Väter und Ahnen“ abzustreifen und im Echo sich selbst zu hören (64f.). Deshalb verwandelt sich das Sprechen der Jugend zum Lauschen im Schweigen. Im Schweigen ist erst die Jugendlichkeit manifestiert, die sich nachspürt, erst wissen will, wer sie ist, für sich die Freiheit der Erkundung herausnimmt und auf jeden Fall nicht in der Sprache der Eltern weiterreden will.

Kronzeuge dieses Gedankens ist Walter Benjamin, der sich in seinem Text „Metaphysik der Jugend dem Schweigen und der Wollust widmete (65–74). Erneut greift Düttmann das Begehren auf, das bei Benjamin ausdrücklich Schweigen meine. „Des Schweigens anderes Gespräch ist die Wollust“ (66) zitiert Düttmann und weist auf die Gemeinsamkeit hin: Schweigen und Wollust streben nach nichts. Sie sind unproduktiv, kümmern sich nur um sich selbst, geben sich hin. Selbstsucht und Unproduktivität, Kopflosigkeit und Hemmung verbinden sich im Schweigen und in der Wollust gegen die Welt. Jugend ist, „sie zeugt nicht und erzeugt nichts“ (67).

Erst in dieser Hinsicht kann Düttmann die tatsächlich existierende gegenwärtige Jugend als tot bezeichnen, weil diese ihre Kraft und ihre Wollust in „vernünftige Bahnen“ lenken würde (74), ihnen einen Zweck gebe und mit den Eltern paktiere, um eine „nachhaltige Existenz ohne Verwundungen“ zu sichern (55). Jugend wäre demnach nicht, sondern stecke in der Vergangenheit der Eltern und in der Planung einer Zukunft. Sie handle nicht einfach mehr, wie es ihr gerade in den Sinn kommt, sondern reflektiere und sichere ab. Leider sagt der Autor nicht, woher er diese Expertise über die Jugend von heute nimmt.

Dagegen setzt Düttmann mit einer fulminanten Interpretation von Walter Benjamins Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit an (83–111) und arbeitet aus diesem Aufsatz die Rücksichtslosigkeit des Neuen gegenüber dem Alten heraus. Das ist in sich faszinierend, denn Düttmann verfolgt Benjamin als einen Kämpfer für das Neue, der sich gegen jegliche Vereinnahmung gewehrt hat. So wird Benjamins Aufsatz auf großartige Weise neu gelesen. Auch wenn man aus Düttmanns poetisch-akademischen Sprache erst das Wesentliche extrahieren muss, seine Interpretation hat es in sich. Denn nicht das Neue, sondern die Jugend wäre das Thema Benjamins gewesen. Dieser hätte mit der Hinwendung zum Neuen auf die Eigenschaft der Jugend gezielt, das Neue hervorzubringen, ohne Rücksicht auf das Althergebrachte. Das reproduzierbare Kunstwerk, mit dem Benjamin sich auseinandersetzt, wäre dieses Neue, stände Pate für das Prinzip der Jugend, weil es unabhängig und trotz allem existiert und die Regeln der Kunst auf den Kopf stellt. So erkämpft das Neue den Anspruch, einfach da zu sein, während es gleichzeitig jeglichen Versuchen widerstehen muss, es in Begriffe zu einzufangen oder ihm eine (propagandistische und damit instrumentelle) Form zu geben. Jugend ist immer neu, immer polemisch gegen etwas, nimmt keine feste Gestalt an – und das muss so bleiben, scheint Düttmann sagen zu wollen.

Das letzte wesentliche Argument für ein Prinzip der Jugend macht Düttmann nicht mehr mit der Philosophie, sondern gegen Judith Butlers Anmerkungen zu einer Theorie der Versammlung (114–130). In diesem Teil kann er jedoch an keiner Stelle plausibel zeigen, was Butler mit seinem Lob der Jugend zu tun hat. Düttmann stolpert durch eine weitestgehend schwer zu verstehende Kritik Butlers, um am Ende zu behaupten, dass zum Prinzip der Jugend gehöre, sich nicht versammeln zu wollen und deshalb keine Anerkennung anzustreben. Düttmanns Idee der Jugend meint eine Rebellion der Nicht-Beachtung und Nicht-Anerkennung. Jugend ist und schert sich nicht um die anderen: „Die Jugend will gar nicht anerkannt werden, sie hat mit Anerkennung nichts am Hut, bleibt ihr, ihrem Kampf gegenüber gleichgültig.“ (125) Damit erweist sich Düttmann als Gegner eines politischen Begriffs der Jugend, der an Erfahrungen (vor allem auch weiblichen) ansetzen würde. Diese Abgrenzung wäre an sich nicht schlimm, wenn Düttmann nur bei der Philosophie geblieben wäre. In der Diskussion von Judith Butler entgleitet ihm jedoch sein Begriff der Jugend, weil Düttmann seinen philosophischen Begriff ständig mit dem politischen Begriff der Jugend vermischt, ohne die Unterschiede zu bemerken. Dadurch kommt die fundamentale Schwäche seines philosophischen Begriffs der Jugend zum Vorschein: Dieser hat nur wenig, wenn überhaupt etwas mit dem alltäglichen Verständnis von Jugend zu tun, wird aber ständig mit diesem verglichen.

Das fällt umso stärker auf, weil der alltägliche Begriff der Jugend im 20. Jahrhundert so facettenreich und gleichzeitig so zentral war. Beispielhaft steht dafür der Film Rebel without a Cause, oder die unzähligen Coming-Off-Age Erzählungen von Stand by Me – Geheimnis eines Sommers bis hin zu Death Poet Society. Düttmann bedient sich also eines Begriffs, der fest in der westlichen Kultur verankert ist und der ohne Rückgriff auf das Verständnis des 20. Jahrhunderts nicht gedacht werden kann. So vermisst man doch vor allem ein Rückgriff auf Erzählungen über die Jugend. Zum Beispiel auf J.D. Salingers Buch Der Fänger im Roggen, in dem dieser siebzig Jahre vor Düttmann der Jugend ein wegweisendes Denkmal gesetzt hat. Sein Held Holden Caulfield steht stilbildend für den Zustand der Weltabgewandtheit und Ignoranz der Jugend – aber auch für die Verwirrung. Caulfield ist das personifizierte Schweigen, hangelt sich drei Tage kopflos durch den Dschungel der Großstadt, bis er seine Schwester auf einem Karussell beobachtet und dabei glücklich wird. Damit ist Holden Caulfield über lange Strecken das eigentliche Prinzip Jugend und nicht ohne Grund die Blaupause für alle darauffolgenden Coming-Off-Age Erzählungen. Umso erstaunlicher ist es, dass Düttmann weder auf diesen Roman noch auf andere Erzählungen zur Jugend eingeht. Dabei scheint doch alles, was er so mühselig aus der Philosophie herausliest, bei Salinger und den darauffolgenden Coming-of-Age Erzähler:innen schon thematisiert. Erst beim näheren Hinsehen wird klar, warum Düttmann den Fänger im Roggen nicht heranzieht.

Holden Caulfield ist nicht im Spannungsdreieck von Körperlichkeit, Begehren und Kopflosigkeit gefangen, wie es uns Düttmann mit seinem Prinzip der Jugend darstellt. Seit Salinger weiß man, dass Jugend vor allem eine asexuelle und nicht-erotische Seite hat. Salinger vermochte es, sich in die Jugend hineinzudenken und sie selbst Akteur werden zu lassen. Auf diese Wiese legte er frei, dass Jugendliche fern von Sex und Erotik vor allem mit der eigenen Rolle in einer ihnen vorgeschriebenen Welt zu kämpfen haben. Düttmann hingegen denkt seine Idee der Jugend immer von der Position des Alters her und verliert vor lauter Begehren den Blick für die Unsicherheit und Fragilität der Jugend. Er verkennt daher, dass er seinem eigenen Begehren des Jugendlichen aufsitzt: Er will die Idee der Jugend selbst festhalten, klammert sich mittels der Philosophie an etwas und übergeht die Aporien, die zum Prinzip der Jugend gehören: die Verzweiflung, die Unsicherheit, die Erfahrungslosigkeit, die Verlorenheit, die Suche und die Einsamkeit. Salinger wusste all das und gießt diese Gefühl in eine Warnung, mit der seine Erzählung endet: „Don’t ever tell anybody anything.“ (Salinger 1994: 192).

Düttmann hat diese Warnung nicht gehört und vermisst die Idee der Jugend, weil er von ihr erzählt und gleichzeitig eine von ihm erlebte mit einer unverstandenen gegenwärtigen Jugend vergleicht. In der Thematisierung von Jugend zielt er am Prinzip selbst vorbei. Das Prinzip, dem er nachspürt, kann nicht beschrieben werden. Denn wenn Jugend Gegenwart pur ist, dann ist sie im nächsten Moment schon wieder ganz anders. Das ist fast tragisch, weil darin ja auch eine Wahrheit steckt, nämlich dass Jugend (ob als Altersphase oder als Idee) nicht fassbar ist. Man kann sie vielleicht begehren, aber nie haben, denn sobald man sie begehrt, ist die eigentliche Jugend schon vorbei. Sofern man sie hat, denkt man über Jugend nicht nach.

Damit ist ein zweiter Konstruktionsfehler des Buches angesprochen. Düttmann verlässt sich zu sehr auf die tradierte philosophische Theorie von Platon bis Benjamin und hat für Judith Butlers politische Phänomenologie nichts übrig. Das Festhalten an einer Idee der Jugend könnte vermutlich gut gehen, wenn er nicht die gegenwärtige Generation, von der er wenig zu wissen scheint, in seine Überlegungen einbeziehen würde, doch auf dieser Ebene gerät alles durcheinander. Düttmann verkennt das wesentliche Moment, dass es genug Jugendliche gibt, für die der Kampf um Anerkennung im Sinne Butlers natürlich zu einer Idee der Jugend – nämlich ihrer – gehört; vornehmlich bezieht das die weibliche und die LGBTIQ*-Jugend ein, die Düttmann überhaupt nicht anspricht. Düttmann tut diese Perspektive einfach ab. Es gibt keine weibliche Jugend bei ihm, auch keine weibliche Idee der Jugend, genauso wenig wie eine queere Jugend. Düttmann mag in seinem Wesen jugendlich sein, aber zur Wahrheit gehört auch, dass er aus dem Kanon der alten überlieferten Philosophie nicht auszubrechen vermag. Er argumentiert mit seinen „Vätern und Ahnen“ und widerspricht seiner eigenen These, dass man sich von diesen lösen müsse. Schade eigentlich, denn über weite Strecken hat der Philosoph einen äußerst spannenden Aufschlag geschrieben, um über Jugend im 21. Jahrhundert nachzudenken. Schade ist es auch, weil Düttmann weit und breit einer der wenigen Philosophen ist, der an den Grenzen seiner Disziplin klug und produktiv arbeitet sowie eine poetische Sprache beherrscht. Zumindest das hat er mit seinem neusten Buch erneut unter Beweis gestellt.

Literatur

Salinger, J.D.: The Catcher in the Rye. London: Penguin Books 1994 (zuerst 1948).

© 2022 Zeitschrift für philosophische Literatur, lizenziert unter CC-BY-ND-3.0-DE