Comay, Rebecca, und Frank Ruda. The Dash – The Other Side of Absolute Knowing. Cambridge, MA: MIT Press, 2018. 192 Seiten [978-0-262-53535-9]

Rezensiert von Ivan Boldyrev (Radboud University)1

Der Gedankenstrich – the dash – ist das Thema des neuen Buches von Rebecca Comay und Frank Ruda. Interessant dabei ist zuerst der Strich zwischen ihnen selber, Comay–Ruda, denn beide haben bereits bedeutende Texte zu Hegels Philosophie verfasst.2 Jetzt lesen sie Hegel zusammen.

Vielleicht das wichtigste an diesem Buch ist eine überall spürbare Tendenz, in der hegelschen Philosophie Spannungen, Paradoxien, problematische Stellen und Zweideutigkeiten zu entdecken und auszuhalten. Auch das Buch selber ist zweideutig: Zwei Menschen schreiben über zwei Bücher – die Phänomenologie des Geistes und die große Logik – in zwei Sprachen, denn Deutsch ist für den „Witz“ des auf English geschriebenen Werkes von gleicher Bedeutung.

Im ersten Teil setzen sich Comay und Ruda allgemein mit der Phänomenologie und der Logik auseinander. Zuerst (Kap. 1) wird dem hegelschen Projekt eine radikale, über Kant hinausgehende philosophische Form zugeschrieben. Diese besitze die Kraft zur totalen Umwälzung der normativen Spielregel, nämlich die Kraft des Negativen als eines Inkonsequenz und Mangel erzeugenden Subtrahierens (18) – einer revolutionären Umgestaltung der bestehenden (sozialen) Verhältnisse. In Kapitel 2 wird das Erzählen der Zweideutigkeit fortgesetzt und historisch verankert, und zwar im unklaren, ins Widersprüchliche führenden Verhältnis zwischen der Phänomenologie und der Logik. Beiden Büchern sprechen Comay und Ruda eine gewisse Unabgegoltenheit und Offenheit zu (36f.). Im nächsten Schritt (Kap. 3) lenken sie die Aufmerksamkeit darauf, dass am Ende der nie wirklich endenden Phänomenologie und am Anfang der nie richtig anfangenden Logik dasselbe Zeichen steht: der Gedankenstrich. Diesen deuten Comay und Ruda in ihrer „materialistischen“ mikrologischen Lektüre als eine originäre Negation, weniger als Nichts, und Ur-Teilung, die die ganze sprachliche Maschine des spekulativen Diskurses erst ermöglicht.

Im zweiten Teil wird dieser Rahmen weiter ausgearbeitet. Der gemeinsame Text von Comay und Ruda wird in der Mitte des Buchs unterbrochen: ihm folgen zwei Essays, in denen Comay Hegels letzte Worte (in der Phänomenologie, seinem „vorletzten“ Werk3) und Ruda seine ersten Worte (in der Logik) kommentieren. Es ist dabei wiederum der Gedankenstrich, der hier die Arbeit des hegelschen Textes, des absoluten Wissens, verkörpert und auf ihren für Comay und Ruda entscheidenden Imperativ hinweist: die Geschichte selber zu interpunktieren, „to punctuate history“ (112).

Warum aber schließt dieses Buch hierfür an Hegels absolutes Wissen an, mit dem ein extrem hoher Anspruch einhergeht und das, wie Comay und Ruda bemerken, offensichtlich das am wenigsten rettbare Element des hegelschen Systems darzustellen scheint? Sie behaupten, dass sie dieser Interpretation des absoluten Wissens als einem abstrakten, absoluten Blick aus dem Nirgendwo, dem Fehlen der historischen Orientierung, die einem solchen gleichgültigen Blick innewohnt, keinen einzigen Zentimeter nachgeben werden. Im Gegenteil: im Herzen der „reaktionären“ Philosophie wollen sie den Entschluss entdecken, der dem „linken“, dem revolutionären Hegelianismus einen neuen Sinn verleihen soll. Dialektik gilt ihnen dabei als eine Zuspitzung des Antagonismus – die mit der Situation des Proletariats in Verbindung gebracht wird (13, 119).

Genau deshalb behaupten Comay und Ruda, dass die pragmatistische Lesart von Hegels Philosophie, die etwa Robert Brandom oder John McDowell (im Buch selten beim Namen benannt) verfolgen, in Positivismus und letztlich Verdinglichung umzuschlagen droht. Denn dieser Ansatz vergegenständlicht den Raum von „Gründen“ (the space of reasons), dessen Erforschung der hegelschen Philosophie unterstellt wird. Dieser Raum werde so zum Schauplatz eines stetigen, allmählichen, nie aber eines radikalen sozialen und politischen Wandels (13).

Für Comay und Ruda ist der normative Boden des absoluten Wissens nicht stabilisierbar, sie finden in diesem normativen Grund überall Lücken und Öffnungen, eine totale Unsicherheit des Entschlusses. Das hegelsche Absolute ist in ihrer Lektüre immer zerrissen zwischen seiner Totalität und dem Drang nach Verwirklichung. Im Akt der Selbstauslegung des Absoluten sehen sie das grundlegend Defizitäre in seinem Zentrum sich ausprägen: das permanente sich Verlieren, die wiederkehrende Krise des Fundaments. Was am Ende der Phänomenologie absolut geopfert wird, sei das dialektische Opfer selbst – d. h. die Struktur, das Gefüge, in dessen Rahmen sich das Spekulative als produktive Negation verwirklicht (24).

Für sie birgt die Sprache eine solche Offenheit zum Negativen – indem sie, psychoanalytisch, das uns völlig andere offenbart und in ihrem Scheitern andere, bisher undenkbare (Denk-)Möglichkeiten eröffnet. Was also in der (spekulativen) Sprache geschieht, geschieht auch in der spekulativen Philosophie. Statt jedoch vom sprachlichen „Performativ“ zu reden, übernehmen sie Werner Hamachers Begriff des Afformativs, der ‚Entsetzung‘ der sprachlichen Setzung, wobei jede Setzung von dieser Entsetzung, vom möglichen Unterlassen oder Blockieren dieser Setzung bestimmt wird. Etwas wird also affirmiert, etwas Neues entsteht, ohne mit dieser Entstehung, mit diesem afformativen Akt völlig übereinstimmen zu können. Darin liegt, laut Comay und Ruda, der Grund, warum der einfache Satz bei Hegel durch den spekulativen ersetzt werden soll (17). Daher rührt auch die extreme sprachliche Wachsamkeit in ihrer spekulativen Lektüre (5), wobei kein Element des Systems primär, kein Aspekt eindeutig wichtiger als die anderen sein kann: Comay und Ruda fordern eine radikale Unsicherheit diesbezüglich, genauso wie über das endgültige Gewicht bestimmter Worte (56). Hegel „manages to extract weirdness from the most innocuous particles of everyday speech“ (6).

Es gibt einen Autor, der unverkennbar zwischen den Zeilen dieses Buches steckt, und das ist Walter Benjamin, für den „das Empirische um so tiefer durchdrungen [wird], je genauer es als ein Extremes eingesehen werden kann“ (GS I, 1, 215; vgl. Comay und Ruda 6), für dessen „dialektische Bilder“ die Sprache den richtigen Ort ausmachte (GS V, 1, 577) und der seine Methode einmal mit der Atomzertrümmerung (GS V, 1, 578) verglich, da der Blick auf das kleinste Detail4 ungeheure Kräfte freisetzen kann. Auch Comay und Ruda haben vor, den „paranoid microscopism of detail with the preposterous macroscopism of the system“ (7) zu kombinieren und dadurch einen richtigen Umgang mit der Jetztzeit zu entwerfen.5

Der Ort ihres Fragens, aus dem heraus sie ihre Lektüre entwickeln, ist die Indifferenzzone zwischen der Phänomenologie und der Logik. Ihre Intention ist es, keine Klarheit über die Verhältnisse zwischen den beiden zu erlauben. Wir wissen allerdings, dass dieser Ort durch den Begriff des absoluten Wissens bezeichnet wird: des Wissens, das am Ende der Phänomenologie steht (als Bewegung der Aufhebung aller möglichen epistemischen und politischen Subjektpositionen) und welches das Verfahren der Logik ausmachen soll.

Das Verhältnis zwischen der Phänomenologie und der Logik wird für Comay und Ruda genau dort problematisch, wo es als ein Verhältnis konzipiert wird, wo also von Ähnlichkeit und Unterschied, von der Kontinuität der beiden oder von einer Einordnung – sei es historischer, sei es begrifflicher Art – die Rede ist. „The two texts coexist in an uneasy relationship of supplementarity, where each functions as the shadow side of the other, simultaneously superfluous and indispensable“ (45). Die Verbindung von zwei Werken denken sie, mit Hegel gesprochen, als Verbindung der Verbindung und der Nicht-Verbindung, gleichsam als Übergang auf dem Möbiusband: „We can never be certain which side we are on, and it is impossible to mark the precise moment that we pass from one side into another – we can only mark the crossing once we have already crossed over“ (45). Das erste, einleitende Buch wagt sich immer wieder in das Logische hinein, das zweite kehrt endlos zu den vermeintlich schon überholten Inhalten zurück. Und was zwischen diesen Werken Hegels steht, ist wiederum der Gedankenstrich, ein Platz der Unentscheidbarkeit zwischen eins und zwei, zwischen der Pause und der Fortsetzung, zwischen Trennung und Verbindung (84f.).

Der Gedankenstrich, um den es Comay und Ruda in ihrer Darstellung spekulativer Interpunktion geht, bedeutet zugleich eine Zäsur, eine Suspension und eine unterbrechende Abschaffung des Denkens, die das mögliche Fortsetzen oder das ebenfalls mögliche Aufhören des Denkens (der Lektüre) verspricht. Der Gedankenstrich ist also prospektiv und retrospektiv, innehaltend und beschleunigend (55). In ihm stottert der Gedanke – wie der Text von Comay und Ruda selbst, der durch unzählige Fußnoten stets unterbrochen wird.

Zugleich denken sie den Gedankenstrich als Minus – als Subtraktion, die von der phänomenologischen „Arbeit des Negativen“ geleistet wird, mehr noch – als ein verdoppeltes Minus, ein Doppelunsinn, weniger als Nichts, aus dem Hegel die ganze Welt herleiten soll (60f.). Dieses letzte Zeichen soll auch subtrahiert, negiert werden (83f.), um seine Vergegenständlichung zu vermeiden, und dies ist das Werk der Logik. Dieses Minus ist ein genuin spekulatives Zeichen – in der Koinzidenz von Negation und Konstruktion verweist es auf die Aufhebung.6

Ein Beispiel dieser Verdopplung der Negativität ist der Hegel unterstellte „Formalismus“, der von Comay und Ruda für einen „untoten“ erklärt wird, mehr als tot, mehr noch als bei Kant (25). Radikale Formalisierung bedeutet hier, dass die Formen nie als gegeben betrachtet werden: der Formalismus, der Skeptizismus, die dialektische Negation sollen konsequent auf sich selbst – auf das Subjekt, auf die negative Tätigkeit – bezogen werden. Was Comay und Ruda als radikale Formalisierung bezeichnen und gegen die logische Abstraktion ausspielen, ist eine Bewegung des logischen „Lebens“, das, der Natur und dem Geist gleich fremd, beiden vorausgehend, sein Objekt immer verpasst.

Es wäre interessant, diese Logik mit zwei weiteren Lektüren zu vergleichen: der Hölderlin-Lektüre Benjamins, in der die griechischen Götter in ihrer höchsten Potenz getötet, zum Sein-für-Anderes, „zum versachlichten Sein der Welt im Gedanken“ werden (GS II, 121), und der Kleist-Lektüre von Paul de Man, der die mechanische Formalisierung der Marionetten als ein bewusstes Entlassen, Preisgabe des „hermeneutischen“ Griffs untersucht – eine Preisgabe, die beim Erlangen der ästhetischen Vollkommenheit der Marionetten nötig ist.

In ihrer Deutung des absoluten Wissens spürt Comay den unklaren und seltsam wirkenden Eigenschaften von Hegels Text nach. Dieser ist in der Tat kurz, tabellarisch (Hegels eigenen Ansichten zum Trotz), eine abstruse hektische Wiederholung des bereits Gesagten und für Comay ein Zeichen der Verwesung des Narrativs. Als Hauptpunkt dieser Serie von Ungereimtheiten steht – am Ende der Phänomenologie – ein Schiller-Zitat, das eine Manifestation der Hilflosigkeit der Dialektik darstellen, aber auch ein Feiern der neuen Gemeinschaft von Philosophie und Poesie sein könnte; eine bloß regressive Rückkehr zum „vorstellenden“ Denken, aber zugleich eine weitere Steigerung der Macht des Spekulativen; eine Wiederholung Schillers oder seine Interpretation. Hier manifestiert sich wieder die unentrinnbare Zweideutigkeit, die Comay auch im Bild von Schaum sieht: „aus dem Kelche dieses Geisterreiches / schäumt ihm seine Unendlichkeit“. (Hegel 1980: 433f.).

Comay unterscheidet zwei Modi der Verarbeitung eines fremden Textes, die hier am Werk sein könnten: Trauer, wenn das vorstellende Denken in dialektischen Worten völlig assimiliert, symbolisiert und vollkommen verdaut wird, und Melancholie, wenn es unverdaut, unverarbeitet, als unassimilierbarer Leichnam im Munde bleibt.

Was macht Hegel mit Schillers Text? Comay behauptet, indem sie unter anderem auf Hamachers pleroma – rekurriert (das Buch, dessen Titel ebenso mit dem notwendigen, aber beim Zitieren oft ausgelassenen Gedankenstrich versehen wurde), dass das spekulative „Essen“ immer wieder das Unessbare produziert. Schillers Sprache wird in der performativen Geste verdrängt. Indem Hegel beispielsweise den Gedankenstrich tilgt, der in Schillers Vers zwischen „ihm“ (d. h. Gott) und der „Unendlichkeit“ steht, tilge er auch

the scar within language itself […] In this sense there can be no last words in, of, or by Hegel – only the imperceptible gesture of effacement on which the transparency of his own language rests. But precisely as a gesture, the erasure returns language to the body at the moment of abjecting it. […] Hegel […] cannot efface the violence of his own effacement (80).

Dieser immer unvollkommenen Verdrängung verdankt der spekulative Text seine Offenheit. Es gibt aber ein wichtiges Detail, dem in Comays Deutung nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird: die Abhängigkeit Hegels von Schiller. Nicht nur ist Schiller, im Unterschied zu dem was im Buch vorwiegend suggeriert wird (82), im Geisteskapitel implizit präsent7; der Gedankenstrich wird von Schiller ebenfalls getilgt: In den 1786 erschienenen Philosophischen Briefen steht in diesem Gedicht „Wesenreich“ statt „Seelenreich“ (bei Hegel: „Geisterreich“) und der Gedankenstrich wird unterschlagen (Schiller 1962: 125). Wir wissen zwar nicht, welche Fassung des Gedichts – die von 1782 oder von 1786 – als endgültig zu sehen wäre, aber die Ähnlichkeit der Verfahrensweisen Schillers und Hegels ist bemerkenswert. Comay meint, dass Schiller Hegels Korrektur antizipiere (144). Ich würde behaupten, dass diese Affinität der Verfahrensweisen (wenn beide, Schiller und Hegel, das Poetische im philosophischen Text verdauen, wenn Hegel nicht nur Schillers Gedicht, sondern auch Schillers Zitieren zitiert) noch mehr bedeutet. Hegel verdrängt nicht nur den „historischen“ Schiller: er will seinen eigenen „inneren“ Schiller, sich selbst als Schiller loswerden.

Auch der Anfang der Logik (Sein, reines Sein, – ) wirkt stilistisch befremdlich. Hegel unterbricht sich und führt laut Ruda eine (minimale, oder reine) Differenz ein, indem er dieses Wort – ohne Verb, also untätig – wiederholt. Diese Wiederholung bedarf einer Interpretation, und Ruda stellt einer idealistischen Deutung des Anfangs (wobei das Sein, als Ergebnis der Phänomenologie, sich selber wiederholend ausdifferenziert und somit keinen Anfang, einen Anfang ohne Anfang, ohne Entschluss ausmacht) eine materialistische Deutung gegenüber. Diese besagt, dass in dem Satz eine bestimmte Art von Kontingenz einbricht, indem das Sein in seiner Verdopplung sich auf etwas anderes bezieht. In diesem Prozess der Beziehung sieht Ruda wiederum spekulative Interpunktion: Das erste Komma zeigt eine Differenz, die eine Serie von „schwachen“ Differenzen (Sein, reines Sein) gründet, einen Raum eröffnet, in dem etwas anderes als reines Sein, als Sein in seiner Reinheit zu finden wäre. Das zweite Komma als Zeichen der Wiederholbarkeit gründet nach Ruda alle möglichen weiteren Relationen und zeigt, dass sich der vom ersten Komma eröffnete Leerraum überall, an unendlich vielen Stellen eröffnet werden kann. Der subtrahierende, (sich ein)brechende Gedankenstrich fungiert als Entschluss:

The first nonproposition of Hegel’s Logic […] indicates that being is neither inherently multiple nor One, but it is Not-One with a dash relating Not and One; it is not substance, it is stance.(105).

Diese politische Dimension der hegelschen Philosophie und, genauer, das Problem, das zum Übergang von der Phänomenologie in die Logik gehört, ist das Problem der Orientierung, wenn nach der Arbeit der Phänomenologie keine stabilen Referenzen, kein Subjekt als Freiheits- und Entscheidungsträger, keine Synthesemöglichkeit in der romantischen ästhetischen Totalität möglich bleibt. Das Ende der Phänomenologie, das mit dem Anfang der Logik verschränkt ist, legt den Entschluss nahe, den Comay und Ruda als ein anderes spekulatives Wort, als Ent-Schluss lesen, als Enden des Endes und der Endlichkeit, eine Öffnung, die jedem Schluss innewohnt und einen Raum der Unentscheidbarkeit öffnet: „There is no Entschluss without undecidability, because only what is undecidable calls for a decision“ (110).

In diesem schönen und provokanten Buch legen Comay und Ruda viele Paradoxien frei und spitzen sie zu, um das schwindelnde Gefühl, die richtige Spannung des Dialektischen zu erzeugen. Einem seiner Ansprüche – aus dem kleinsten Detail die richtige spekulative Tiefe zu entwickeln – wird das Buch vollkommen gerecht. Wenn The Dash – nicht nur eine Philosophie, sondern auch eine kommende Hegel-Philologie inauguriert, dann vielleicht in dem Sinne, der ihr Hamacher in seiner Lektüre eines „Komma“ bei Hölderlin gab, nämlich die Philologie „als Aufmerksamkeit auf das, was interpungiert, zum Innehalten bringt, zäsuriert, weil in ihm ein Kommendes oder sein Kommen bemerkbar wird“ (Hamacher 2010: 99).

Der andere Anspruch des Buches – die Ausarbeitung eines materialistischen Hegelianismus und seiner politischen Programmatik – bleibt jedoch immer noch aus: angedeutet, angesprochen, erhofft.

Literatur

Benjamin Walter. Gesammelte Schriften. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt a. M..: Suhrkamp, 1974–1991 (GS).

Comay, Rebecca. Mourning Sickness. Stanford: Stanford University Press, 2010.

Comay, Rebecca. Die Geburt der Trauer. Hegel und die Französische Revolution. Konstanz: Konstanz University Press, 2018.

De Man, Paul. „Ästhetische Formalisierung: Kleists Über das Marionettentheater.“ In: Paul de Man: Allegorien des Lesens. Frankfurt a. M., 1987.

Hamacher, Werner. 95 Thesen zur Philologie. Hrsg. von Urs Engeler. Frankfurt a.M.: roughbooks 2010.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. Phänomenologie des Geistes. Hrsg. von Wolfgang Bonsiepen und Reinhard Heede. Gesammelte Werke. Bd. 9. Hamburg: Meiner, 1980.

Ruda, Frank. Hegels Pöbel. Konstanz: Konstanz University Press, 2011.

Schiller, Friedrich. Schillers Werke. Nationalausgabe. Bd. 20: Philosophische Schriften. Erster Teil. Unter Mitw. von Helmut Koopmann hrsg. von Benno von Wiese. Weimar: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, 1962.


  1. Ich bedanke mich herzlich bei Sebastian Stein (Universität Heidelberg), Frieder Vogelmann (Universität Frankfurt am Main) und bei dem Gutacher/der Gutachterin dieser Zeitschrift für ihre hilfreiche Kommentare, die den Text wesentlich verbessert haben. Sie tragen natürlich für das Geschriebene keine Verantwortung.↩︎

  2. Siehe Comays Lektüre von Hegels Deutung der französischen Revolution in ihrem Buch Mourning Sickness (2010), das vor kurzem in deutscher Fassung erschienen ist (Comay 2018), und Rudas Studie über Hegels Pöbel (2011).↩︎

  3. Comay und Ruda behaupten, dass die Phänomenologie des Geistes und die Logik die beiden einzigen Werke von Hegel sind. Die anderen Bücher würden als Vorlesungsmaterialien einem solchen Werkstatus nicht völlig gerecht (109).↩︎

  4. Comays und Rudas Methode ist zugleich psychoanalytisch geprägt: Die hegelsche Totalität wird in ihren winzigsten Details untersucht, um die Grenzen ihres Vorgehens befragen und somit dieses Vorgehen selbst richtig begreifen zu können: “Philosophy is nothing more than the activation of a knowledge that we did not know we had“ (58).↩︎

  5. An manchen Stellen kommt Benjamin explizit zur Sprache, z. B. im Vorschlag, das absolute Wissen als statische Figur der Unentschlossenheit zu lesen (69), in der Idee, dass der letzte Gedankenstrich eine reine Sprache – die Mitteilbarkeit selber – mitteilt (82), oder in der Interpretation der Logik, in der das dialektische Verfahren als eine Art Technik umgedeutet wird, die mit dem Ur-Sprung, mit dem primordialen Sprung des Anfangs umgehen soll (105; vgl. GS I, 226).↩︎

  6. Was aber den letzten Gedankenstrich der Phänomenologie angeht, also das Zeichen, mit dem – „nur –“ – die Phänomenologie endet, so assoziiert ihn Comay mit Hölderlins caesura, als Mittel der Beruhigung und des Gewichtsausgleichs, um zwischen dem stürmischen Anfang und dem ruhigen, verwirrend kurzen Ende eine Balance zu erzeugen.↩︎

  7. Das gesteht Comay selbst in ihrem früheren Buch zu (2010: 103, 109, 181f.).↩︎

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