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Jonas, Silvia: Ineffability and its Metaphysics. The Unspeakable in Art, Religion, and Philosophy. Basingstoke: Palgrave Macmillan 2016. 226 Seiten. [978-1-137-57954-6].

Rezensiert von Sebastian Gäb (Universität Trier)

Die Sprache hat Grenzen, und in den unterschiedlichsten Epochen und Strömungen der Philosophie findet sich immer wieder die Idee, dies oder das sei unsagbar. Aber was heißt Unsagbarkeit überhaupt und wie kann es etwas Unsagbares geben? Diesen Fragen widmet sich Silvia Jonas’ Buch. Kapitel 1 gibt eine kurze Einführung in das Thema, in der zunächst die zentrale These genannt wird: Unsagbare Erkenntnisse müssen als eine besondere Form nicht-propositionalen Wissens verstanden werden (1). Anschließend wird das Themengebiet eingegrenzt, indem philosophisch relevante Formen der Unsagbarkeit (in Kunst, Religion oder Philosophie) von trivialen Formen unterschieden werden (etwa durch physische Hindernisse). Es folgt eine kurze Geschichte der Unsagbarkeit, beginnend mit Gorgias und Lao Zi bis hin zu Adorno, die einerseits die Notwendigkeit zeigt, sich dem Thema in systematischer Hinsicht zu nähern, andererseits deutlich werden lässt, wie disparat und scheinbar zusammenhanglos die einzelnen Äußerungen verschiedenster Denker zu diesem Thema sind. Jonas stellt zu Recht fest, dass bisher keine systematische Untersuchung des Begriffs der Unsagbarkeit vorliegt (21) und nimmt sich vor, diese Lücke zu schließen.

Kapitel 2 legt die terminologischen Grundlagen für die weitere Untersuchung. Jonas diskutiert und definiert hier fünf zentrale Begriffe (und ein paar, die damit direkt zusammenhängen), nämlich: Inhalt (content), Repräsentation (representation), Erfahrung (experience), Wahrheit (truth) und (natürlich) Unsagbarkeit (ineffability). Zunächst zum Inhalt, worunter Jonas etwas versteht, das den mentalen Zustand eines Subjekts prägt (28), indem es die informationellen Daten bereitstellt, die festlegen, was der Inhalt des Zustands ist. Davon abzugrenzen ist der Begriff der Repräsentation: Repräsentationen sind mentale Entitäten, die Träger eines mentalen Inhalts sind (32). Insofern können zwei Subjekte Zustände gleichen Inhalts haben, aber nicht die gleiche Repräsentation des gleichen Inhalts. Repräsentationen können sowohl propositional als auch nicht-propositional verfasst sein, sind aber stets wahrheitsfähig, denn würde man Wahrheitsfähigkeit auf propositionale Repräsentationen beschränken, so wäre damit die Möglichkeit unsagbarer Wahrheiten, die Jonas als wahre, nicht-propositionale Repräsentationen versteht, bereits per definitionem ausgeschlossen.

Als nächstes definiert Jonas Erfahrung als mentales Ereignis (oder Strom von mentalen Ereignissen) mit perzeptuellem und/oder propositionalem Inhalt und phänomenalen Eigenschaften (d.h. wie es ist, die Erfahrung zu machen) (34). Darauf folgen die Begriffe der Wahrheit und – damit zusammenhängend – des Wahrheitsträgers (d.h. des Objekts, von dem gesagt wird, es sei wahr oder falsch). Jonas hält sich hinsichtlich einer Definition des Wahrheitsbegriffs weitgehend zurück und schließt nur deflationistische Theorien aus, weil sie nicht mit dem Konzept unsagbarer Wahrheiten vereinbar sind (38). Denn wer annimmt, dass Wahrheit sich im Äquivalenzschema „p ist wahr gdw p“ erschöpft, setzt eine prinzipielle Formulierbarkeit der Wahrheit bereits voraus, insofern nur Propositionen für p eingesetzt werden können und Jonas das Unsagbare als nicht-propositionale Wahrheit versteht (umgekehrt könnte man natürlich hierin auch die Grundlage dafür sehen, das Konzept nicht-propositionaler Wahrheit zu verwerfen und zu fragen, ob Unsagbarkeit nicht doch als Eigenschaft von Propositionen verstanden werden müsste). Abgesehen von der Zurückweisung des Deflationismus bleibt die Untersuchung also hinsichtlich der zugrundliegenden Wahrheitstheorie neutral, ähnlich wie auch hinsichtlich der Wahrheitsträger: Jonas setzt nur voraus, dass es eine notwendige Beziehung zwischen diesen und den Tatsachen geben muss. Das trifft auf Propositionen zu, schließt aber andere Formen von Wahrheitsträgern nicht aus.

Zuletzt widmet sich Jonas dem Begriff der Unsagbarkeit und seinem Gegenteil, der Ausdrückbarkeit (expressibility). Sie stellt klar, (a) dass unsagbar weder mit unbeschreibbar zu verwechseln ist (denn was unsagbar ist, kann trotzdem beschreibbar sein) noch mit unwissbar (denn nicht alles, was gewusst wird, kann auch ausgedrückt werden), (b) dass unsagbar jede Form von Sagbarkeit ausschließt, nicht bloß wörtliche, und (c) dass ausdrückbar sich immer auf die Möglichkeit sprachlichen Ausdrucks bezieht, nicht auf andere Formen wie etwa Gestik und Mimik (38ff.). Anschließend stellt Jonas die Frage, was es bedeutet, dass etwas etwas Anderes ausdrückt, und schlägt in Anlehnung an A.W. Moore folgende Definition vor (vgl. Moore 2003, 173):

x expresses y if and only if (i) x is a linguistic item with content that makes it either true or false, (ii) y is a non-linguistic item with content that makes it either true or false, and (iii) the content of x nontrivially entails the content of y, so that x cannot entail both A and not-A, and so that y cannot be entailed by any given x whatsoever. (43)

So drückt z.B. der Satz „Gras ist grün“ (x) aus, dass Gras grün ist (y), weil es sich um eine linguistische Einheit mit dem Inhalt „Gras ist grün“ handelt, die die Überzeugung des Inhalts, dass Gras grün ist, impliziert. Man könnte hier einwenden, dass nicht die Überzeugung, dass Gras grün ist, ausgedrückt wird, sondern die Tatsache, dass Gras grün ist – die aber wiederum keinen Inhalt hat, sondern ein Inhalt ist –, doch das ist vielleicht nur ein technisches Problem. Schwerer wiegt, dass die Definition zirkulär ist, denn der Begriff der Implikation lässt sich nicht verstehen, ohne bereits ein Konzept von Bedeutung vorauszusetzen. Wenn x y impliziert, dann gilt, dass es nicht der Fall sein kann, dass x wahr ist und y falsch. Um zu bestimmen, ob dies der Fall sein kann, muss ich aber wissen, unter welchen Bedingungen x und y wahr sind, d.h. ich muss wissen, was x und y bedeuten (es sei denn, x impliziert y aus rein formalen Gründen). Wenn ich aber weiß, was x bedeutet, muss ich auch bereits wissen, was x ausdrückt, insbesondere, dass es y ausdrückt, so dass der Begriff der Implikation bereits den der Bedeutung und damit des Ausdrucks stillschweigend voraussetzen muss. Akzeptiert man diese Definition, so gilt, dass y ausdrückbar ist, wenn es durch ein x im oben erläuterten Sinn ausgedrückt werden kann, wobei „kann“ hier im Sinne einer metaphysischen (nicht logischen oder nomologischen) Möglichkeit zu verstehen ist (48). Daraus ergibt sich als Definition der Unsagbarkeit: die metaphysische Unmöglichkeit, einen nicht-linguistischen Gegenstand durch einen linguistischen Gegenstand im oben erläuterten Sinn auszudrücken (49).

Kapitel 3 wendet sich der Frage zu, ob es unsagbare Objekte oder Eigenschaften geben kann. Im Zentrum steht dabei der Begriff des Absoluten, das mit dem Ganzen, dem Einen (Plotin), dem Unendlichen und auch dem Willen (Schopenhauer) identifiziert wird (52): Ist dieses Absolute ein Kandidat für ein unsagbares Objekt? Jonas sieht zwei Möglichkeiten, wie das der Fall sein könnte: erstens, indem das Absolute bestimmte Eigenschaften hat, kraft derer es unsagbar ist, oder zweitens, indem es keine Eigenschaften hat. Zunächst wird jedoch der Begriff des Absoluten näher erläutert (mit Bezug auf Schopenhauer, Kant und Hegel): Das Absolute ist demnach das Unbedingte, das in seiner Existenz von nichts anderem abhängt und alles andere umfasst. Versteht man das Absolute in diesem Sinne, dann folgt auch, dass alle möglichen Prädikate auf das Absolute anwendbar sein müssen, insbesondere jede positive Prädikation und ihre Negation, so dass es unsagbar wird:

[T]he Absolute might be considered ineffable because all possible predicates apply to it: if all possible predicates apply to an object, then for every predicate P also its negation ~P applies to it, which makes meaningful predication impossible. (58)

Diese Definition ist jedoch problematisch, denn wenn dem Absoluten die Eigenschaft zukommt, absolut zu sein, dann muss es per definitionem auch die Eigenschaft haben, nicht absolut zu sein – was ebenso widersprüchlich ist wie die gegenteilige Annahme, das Absolute habe nur die Eigenschaft, absolut zu sein. Eine Lösung sieht Jonas darin, zu behaupten, bei Absolutheit handle es sich um eine nicht-qualitative, nicht-relationale Eigenschaft des Absoluten, mit anderen Worten, seine haeccitas (Diesheit bzw. Einzigartigkeit). Jonas diskutiert Argumente für und gegen die Annahme von haeccitates in der Metaphysik und kommt zu dem Schluss, dass die Annahme nicht gerechtfertigt ist: Zum einen mangelt es der haeccitas an Erklärungskraft, denn während die eigentliche Funktion dieser Eigenschaften darin liegen soll, ansonsten qualitativ identische Objekte zu unterscheiden, setzt der Begriff der haeccitas bereits voraus, das Objekte als Individuen identifiziert werden können (65). Zum anderen ist es nicht möglich, die haeccitates zweier verschiedener Gegenstände voneinander zu unterscheiden, so dass der Begriff der haeccitas eines Objekts letztendlich leer und unbestimmt bleiben muss (66). Auf ähnliche Weise widerlegt Jonas den Gedanken, dass reine Substrata ohne Eigenschaften (bare particulars) die Rolle unsagbarer Gegenstände spielen könnten. Ein reines Substratum ohne Eigenschaften kann nicht identifiziert werden, da es ihm an individuierenden Eigenschaften mangelt, und ebenso kann es die Identität eines Objekts nicht unabhängig von seinen qualitativen Eigenschaften bestimmen. Die Annahme unsagbarer Objekte, seien sie unsagbar aufgrund ihrer Eigenschaften (haeccitas) oder aufgrund ihrer Eigenschaftslosigkeit (bare particulars), muss also verworfen werden.

Kapitel 4 diskutiert die Frage, ob Unsagbarkeit in Form von unsagbaren Propositionen verstanden werden sollte. Prima facie spricht einiges dafür: Begegnungen mit dem Unsagbaren scheinen bedeutungsvoll zu sein, insofern wir den Eindruck haben, etwas zu lernen oder zu verstehen. Lernen und Verstehen setzen aber normalerweise das Erfassen von Propositionen voraus, so dass es naheliegend ist, anzunehmen, dass wir es hier mit unsagbaren Propositionen zu tun haben (74). Jonas nennt zwei mögliche Gründe dafür, dass eine Proposition unsagbar ist: Entweder ist sie inhaltlos (wobei man zweifeln kann, ob es sich dann überhaupt noch um eine Proposition handelt) oder unzugänglich, worunter zu verstehen ist, dass die Proposition nicht erfasst werden kann, selbst wenn wir vielleicht eine vage Idee davon haben, was ihr Inhalt sein könnte (75). Jonas hält (zu Recht) nur den zweiten Fall für relevant und nennt vier mögliche Kandidaten für unsagbare Propositionen: semantische Paradoxien, nicht formulierbare mathematische Propositionen, Lewis’sche excess propositions und perspektivische Propositionen.

Semantische Paradoxien wie das Lügner-Paradox gelten für Jonas ebenso wenig als unsagbare Propositionen wie unformulierbare mathematische Propositionen (etwa eine vollständige, konsistente Menge aller mathematischen Axiome, was nach dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz unmöglich ist), da die Unsagbarkeit in beiden Fällen nur kontingent ist; sie gründet allein darin, dass keine Lösung für das Paradox bzw. kein Beweis für das entsprechende mathematische Theorem verfügbar ist. Verfügten wir über eine Lösung bzw. über einen Beweis, so würde die Unsagbarkeit verschwinden. Darüber hinaus, so Jonas, sind die philosophisch relevanten Fälle von Unsagbarkeit, wie sie uns im Zusammenhang mit Kunst oder Religion begegnen, weder semantische Paradoxien noch ähneln sie unbewiesenen (oder unbeweisbaren) mathematischen Theoremen, so dass beide Formen unsagbarer Propositionen kein brauchbares Paradigma für diese Fälle abgeben können.

Ähnliches gilt für Lewis’ excess propositions – hierbei handelt es sich um Propositionen, die in keiner möglichen Welt geäußert oder erfasst werden, ein Konzept, das Lewis einführt, um Kaplans Paradox als Einwand gegen eine Semantik möglicher Welten zu lösen (vgl. Lewis 1986, 104ff.). Auch diese Propositionen sind nicht im eigentlichen Sinne unsagbar, da nichts dagegen spricht, dass prinzipiell etwas existiert, das diese Propositionen ausdrückt. Dass sie de facto nie erfasst werden, spricht nicht prinzipiell gegen ihre Erfassbarkeit (87). Der vierte Kandidat, perspektivische Propositionen, wird am ausführlichsten besprochen, denn im Gegensatz zu den vorherigen Fällen liegt hier laut Jonas tatsächlich eine notwendige Unsagbarkeit vor, die nicht durch Änderung der Randbedingungen aufgelöst werden kann; das heißt, sie läge vor, wenn es gelänge, dem Begriff perspektivischer Propositionen einen Sinn abzugewinnen, was Jonas jedoch bezweifelt. Solche perspektivischen Propositionen ergeben sich z.B. aus Nagels und Jacksons Argumenten zur Subjektivität bzw. Nicht-Physikalität phänomenaler Zustände: Wenn diese Zustände ein irreduzibel subjektives Element enthalten („wie es ist“, in diesem Zustand zu sein), dann entspricht diesem Element eine perspektivische Tatsache, die nur vom Subjekt selbst erfasst werden kann (Nagel 1974; Jackson 1986). Für alle anderen ist diese Tatsache weder fassbar noch sagbar (89f.). Jonas prüft zwei Einwände gegen diese These. Der erste, linguistische Einwand besagt, dass jede Wahrheit Aussagbarkeit impliziert, da jede Wahrheit repräsentiert werden kann. Jonas weist dies zurück, da nicht jede Repräsentation sprachlich sein muss (92). Der zweite, metaphysische Einwand, ist entscheidend: Der Begriff der perspektivischen Tatsache selbst ist nicht konsistent. Entweder mündet diese Idee in Widersprüche oder in einen Relativismus, der selbst nicht konsistent vertretbar ist. Als Konsequenz bleibt nur, dass das Konzept unsagbarer Propositionen das Phänomen der Unsagbarkeit nicht erklären kann (100). Diese Schlussfolgerung geht allerdings über das, was im Kapitel dargelegt wurde, hinaus. Denn Jonas hat zunächst einmal nur vier Fälle betrachtet, in denen wir es möglicherweise mit unsagbaren Propositionen zu tun haben, und für alle vier diese Vermutung widerlegt. Dass es sich hier nicht um unsagbare Propositionen handelt, ist aber allein dem Inhalt dieser Propositionen bzw. ihrer Einbettung in epistemische Kontexte geschuldet und folgt nicht aus dem Begriff der Proposition. Was das Kapitel also gezeigt hat, ist, dass diese vier Typen von Propositionen nicht als unsagbar gelten können, aber daraus folgt noch nicht, dass keine Proposition unsagbar sein kann, insbesondere nicht, wenn man – wie Jonas – die Idee ablehnt, dass aus der Wahrheit (einer Proposition) ihre Sagbarkeit folgt.

Kapitel 5 untersucht, ob sich Unsagbarkeit durch eine spezielle Form mentaler Inhalte erklären lässt. Jonas betrachtet dazu drei Kandidaten: erstens nonkonzeptuelle Wahrnehmungsinhalte, zweitens ästhetische und drittens religiöse Erfahrungsinhalte. Hinsichtlich nonkonzeptueller Inhalte stellt Jonas klar, dass es sich hier um repräsentationale (nicht rein phänomenale) Inhalte handeln soll, die notwendigerweise (nicht durch kontingente Beschränkungen) nonkonzeptuell sind (103), und prüft dann, ob die Argumente zugunsten dieser Inhalte überzeugend sind. Zunächst widmet sie sich dem Argument aus dem Bestehen kontradiktorischer Inhalte: Einige Wahrnehmungen, etwa die optischen Illusionen in den Bildern M.C. Eschers, zeigen widersprüchliche Inhalte wie einen Fluss, der bergab und bergauf zugleich fließt. Da aber begriffliche Inhalte niemals kontradiktorisch sein können, so das Argument, muss es sich um nonkonzeptuelle Inhalte handeln. Jonas weist dieses Argument mit dem Einwand zurück, dass die Möglichkeit des Widerspruchs bereits Begriffe voraussetzt und dass nicht der Inhalt selbst, sondern die Beschreibung widersprüchlich ist (105; zu fragen wäre allerdings, wie ein Inhalt, der nicht konsistent konzeptualisiert werden kann, anders als nonkonzeptuell verstanden werden soll). Auf ähnliche Weise wird Dretskes Unterscheidung analoger Inhalte der Wahrnehmung und digitaler Inhalte von propositionalen Einstellungen abgelehnt (vgl. Dretske 1981, 136ff.): Potentiell kann jeder analoge Inhalt durch Lenkung unserer Aufmerksamkeit in einen digitalen überführt werden (107) – begründet wird diese These allerdings nicht. Diese beiden Argumente können also nicht zeigen, dass es sich um notwendigerweise nonkonzeptuelle Inhalte handeln muss, und verfehlen damit die eingangs genannte Bedingung.

Jonas diskutiert zwei weitere Argumente, nämlich das Argument der Feinkörnigkeit der Wahrnehmung, nach dem unsere Wahrnehmung detaillierter ist als es durch unsere Begriffe erfasst werden kann, sowie das Argument der Kontinuität mit nicht-menschlichen Lebewesen, denen wir zwar Wahrnehmungsfähigkeit, aber keine Begriffe zuschreiben. Beide Argumente weist Jonas zurück, da sie unangemessene Bedingungen für das Vorhandensein von Begriffen aufstellen: das Argument der Feinkörnigkeit lässt sich durch McDowells demonstrative Konzepte („diese Farbe“) widerlegen (vgl. McDowell 1994, 56f.), das Kontinuitätsargument durch die Trennung von Sprachfähigkeit und begrifflichem Denken. Nicht Sprache, sondern die Fähigkeit, Gegenstände, die unter einen Begriff fallen, von solche zu trennen, die es nicht tun („discrimination-capacities“, 111), ist laut Jonas das Kriterium für das Vorhandensein von Begriffen. Allerdings kann auch ein Kaffeeautomat unterscheiden zwischen Ein-Euro-Münzen und Knöpfen, ohne dass wir ihm deshalb den Begriff der Münze zuschreiben würden. Jonas übersieht hier das in der Debatte allgemein akzeptierte generality constraint, nach dem ein Subjekt nur dann über einen Begriff F verfügt, wenn es nicht nur fähig ist, Inhalte der Form „a ist F“ zu erfassen, sondern auch „a ist G“ und „b ist F“, d.h. den Begriff mit einer gewissen Universalität anzuwenden. Gerade dies scheint nicht auf Tiere (und auch nicht auf Kaffeeautomaten) zuzutreffen.

Jonas wendet sich anschließend ästhetischen Erfahrungen zu und fragt, ob die Fähigkeit der Kunst, Unsagbares auszudrücken, mit einer speziellen Form ästhetischer Inhalte erklärt werden kann. Wiederum fällt die Antwort negativ aus: Nimmt man an, dass ästhetische Inhalte nicht Teil des space of reasons sein können (d.h. sie können nicht in logische Schlussfolgerungen eingebunden werden), so ist es nicht möglich, die Besonderheit ästhetischer Inhalte gegenüber anderen Wahrnehmungsinhalten deutlich zu machen, für die das gleiche gilt. Nimmt man hingegen an, dass ein definierendes Merkmal ästhetischer Inhalte darin besteht, dass sie nicht repräsentational, sondern rein phänomenal sind (117), so bleibt die Sonderstellung des Ästhetischen zwar unangetastet, doch es lässt sich nicht mehr erklären, was der Ursprung der besonderen Bedeutung oder Wichtigkeit ist, die wir mit ästhetischen Erfahrungen assoziieren (119). Auch Geschmackserfahrungen sind rein phänomenal, aber wir haben meist nicht das Gefühl, dass sie etwas Unsagbares ausdrücken. Das bedeutet für Jonas freilich nicht, dass ästhetische Erfahrungen nicht unsagbar sind, sondern nur, dass ihre Unsagbarkeit nicht durch die Art ihrer Inhalte erklärt werden kann.

Gleiches gilt für religiöse Erfahrungen. Jonas schreibt den Vertretern unsagbarer Inhalte religiöser Erfahrungen die These zu, dass diese nur in einer irreduzibel metaphorischen Sprache ausgedrückt werden können (121) und argumentiert, dass religiöse Sprache nicht irreduzibel metaphorisch sein kann. Dabei scheint sie unbemerkt die Bedeutung des Begriffs „unsagbar“ zu verschieben, insofern metaphorische Sprache mit Unsagbarkeit gleichgesetzt wird, so dass der der Begriff des Sagbaren sich auf den des wörtlich Sagbaren verengt: Nur dann ist die Unmöglichkeit irreduzibel metaphorischer Inhalte zugleich die Unmöglichkeit unsagbarer Inhalte. Eine solche Eingrenzung widerspricht aber der von Jonas selbst betonten Unabhängigkeit des Begriffs der Unsagbarkeit von wörtlichem oder nicht-wörtlichem Ausdruck (40). Jonas bringt zwei Einwände vor gegen die Idee einer irreduziblen Metapher: (a) Wenn eine Metapher irreduzibel ist, macht es keinen Sinn mehr, von Metapher zu sprechen, weil eine Metapher definitionsgemäß ein „alternative designator“ (123), also gegenüber dem wörtlichen Ausdruck sekundär, sein müsse. Das scheint aber weder eine in der Metaphernforschung geläufige Position zu sein noch wird es der Natur der Metapher gerecht. Nicht ihre pragmatischen Verwendungsregeln, sondern ihre kognitive Struktur machen sie zur Metapher. „Heißblütig“ ist wahrscheinlich der primäre Ausdruck für das Temperament, das er beschreibt, aber ohne Zweifel metaphorisch, denn im Gegensatz zu wörtlichen Ausdrücken wie „kalt“ müssen wir hier immer noch den kognitiven „Umweg“ über die Fusion zweier verschiedener Gedanken gehen. (b) Jonas zweites Argument lautet, dass irreduzible Metaphern nicht möglich sind, da für jede Metapher eine wörtliche Paraphrase angegeben werden kann: „I submit that any metaphorical expression is in principle capable of being rendered literally.“ (124) Metaphern haben für Jonas bloß die Funktion eines Platzhalters, der durch eine wörtliche Beschreibung ersetzt werden kann, sobald der kognitive Fortschritt dies möglich gemacht hat (man fragt sich unwillkürlich, was die wörtliche Ersetzung von „Platzhalter“ in diesem Fall wäre). Darüber hinaus hätte eine irreduzible Metapher keinen propositionalen Gehalt (ein Argument, das sie von William Alston übernimmt, vgl. Alston 1989, 17ff.). Wieso allerdings Propositionalität und Wörtlichkeit untrennbar verbunden sind, sagt Jonas nicht – sie geht mit Alston davon aus, dass ein Begriff niemals eine Metapher sein kann (bzw. nur insofern, als die Metapher einen wörtlichen Ausdruck vertreten kann). Doch gerade das steht bei der Debatte um irreduzible Metaphern in Frage und kann nicht als Argument für ihre Ablehnung herhalten.

Kapitel 6 und 7 behandeln unsagbares Wissen, die einzige metaphysische Kategorie, die für Jonas geeignet ist, das Phänomen der Unsagbarkeit korrekt zu erfassen. Ein erstes Beispiel hierfür ist das Wissen-wie, das seit Ryle als alternative Form des Wissens dem propositional verfassten Wissen-dass gegenüber steht. Wenn ein solches Wissen (z.B. das Wissen, wie man Fahrrad fährt) nicht auf propositionales Wissen reduziert werden kann, handelt es sich hier um unsagbares Wissen. Das eigentliche Gewicht des Kapitels liegt jedoch auf zwei anderen Beispielen, dem logischen und dem nicht-repräsentationalen Wissen. Ein Beispiel für logisches Wissen findet sich in Freges Philosophie der Logik, genauer gesagt, in seiner Antwort auf die Frage, woher die fundamentalen Gesetze der Logik ihre Gültigkeit beziehen (insofern sie nicht auf andere logische Axiome zurückgeführt werden können). Frege geht davon aus, dass diese Gesetze weder begründet werden können noch müssen („neither needing nor admitting of proof“, 136), was Jonas so interpretiert, dass es eine epistemische Grundlage der Logik geben muss, die ihr ihre Gültigkeit verleiht (138). Diese Grundlage kann aber nicht in der Logik selbst ausgedrückt werden und ist daher unsagbar. Wichtig ist, dass nicht die logischen Gesetze selbst unsagbar sind, sondern das Fundament, auf dem ihre Gültigkeit beruht:

„Our capability to understand what is being expressed through ‘If p and q then p’ is conditional upon ineffable knowledge, that is, an ineffable epistemic foundation on the basis of which we place a proposition coherently into the ‘logical space of reasons’ […].“ (140)

Nun ist allerdings die Annahme, dass die Gültigkeit der Logik ein epistemisches Fundament benötigt, selbst begründungsbedürftig. Der Platonist Frege dürfte sie wohl akzeptiert und auch der von Jonas vorgetragenen Interpretation zugestimmt haben (wobei die Formulierung „neither needing nor admitting of proof“ die Möglichkeit offen lässt, dass es sich bei logischen Gesetzen um brute facts handelt); doch Jonas geht von einer bestimmten metalogischen Position aus, die keineswegs alternativlos ist. Vertritt man zum Beispiel eine formalistische Theorie der Logik, erübrigt sich die Frage nach einem epistemischen Fundament. Die Gültigkeit der logischen Gesetze beruht dann darauf, dass wir sie als logische Gesetze akzeptieren. Entsprechend benötigen wir auch keine Grundlage, aus der sich ableiten lässt, warum „Wenn p dann q. p, also q“ gilt – es genügt, dass wir wissen, wie das Konditional definiert ist, und dies wiederum ist sehr wohl sagbar.

Als dritten Fall von unsagbarem Wissen greift Jonas eine Idee A.W. Moores auf (vgl. Moore 1993). Moore geht von der These des transzendentalen Idealismus aus, dass die Abhängigkeit der Wirklichkeit von unserem Bewusstsein im transzendentalen Sinne wahr, im immanenten (ontologischen) Sinne jedoch falsch sei. Diese These kann selbst aber weder wahr noch falsch sein, denn sie versucht etwas auszudrücken, was – wenn der transzendentale Idealismus korrekt ist – nicht ausgedrückt werden kann (148). Die Wahrheit des transzendentalen Idealismus kann (à la Wittgenstein) nur gezeigt, aber nicht behauptet werden. Es ist allerdings unklar, ob es sich hier, gemessen an Jonas’ eigenen Kriterien, um einen echten Fall von Unsagbarkeit handelt. Denn die These des transzendentalen Idealismus ist durchaus ausdrückbar (sie steht ja auf Seite 147) – bloß ihre Wahrheit kann nicht widerspruchsfrei behauptet werden. In dieser Hinsicht gleicht sie eher den semantischen Paradoxien, die Jonas in Kapitel 4 bereits besprochen hatte und die sie mit Recht aus der Untersuchung aussortiert hatte, weil es sich hier bestenfalls um kontingente Unsagbarkeiten handelt.

Der Gedanke eines unsagbaren Wissens wird im letzten Kapitel weiter ausgeführt und auf subjektive Zustände ausgeweitet. Jonas unterscheidet zwischen einem indexikalischen Wissen (158), d.h. dem Wissen, wie indexikalische Terme korrekt zu gebrauchen sind bzw. der Fähigkeit, sich selbst als Gegenstand indexikalischer Zuschreibungen identifizieren zu können, und einem phänomenalen Wissen (161): dem Wissen, wie es ist, in einem bestimmten phänomenalen Zustand zu sein. Dieses Wissen ist für sie ein Fall eines nicht-faktischen und nonpropositionalen Wissens durch Bekanntschaft (acquaintance). Durch die nicht weiter reduzierbare Relation der Bekanntschaft erlangen wir Wissen über ein bestimmtes Objekt, das selbst wiederum nicht wahrheitsfähig ist (166), so dass es eine Bekanntschaft immer nur zwischen bewussten Wesen und realen Entitäten geben kann. Die wichtigste Entität, mit der wir auf diese Weise bekannt sein können, ist das eigene Selbst, und Jonas sieht hierin die eigentliche Erklärung für unsagbare Erfahrungen: „in moments of Self-acquaintance we gain ineffable phenomenal knowledge of our Selves“ (167). Darin sind vier Thesen enthalten:

  1. Es gibt ein Selbst. Jonas begründet diese scheinbare Selbstverständlichkeit mit der Möglichkeit von Selbstzuschreibungen, in denen bereits die Existenz des Selbst implizit vorausgesetzt ist (168). Das reicht aber als Begründung kaum aus, denn klarerweise kann man auch fiktiven Entitäten Eigenschaften zuschreiben, ohne dass daraus deren Existenz folgt. Es ist richtig zu sagen, dass Einhörner vier Beine haben, aber daraus folgt nicht, dass es Einhörner gibt. Die für Jonas’ Argument so zentrale ontologische Realität des Selbst steht so auf einem sehr unsicheren Fundament.

  2. Es ist möglich, mit diesem Selbst bekannt zu sein. Auch dies bekräftigt Jonas mit dem Verweis darauf, dass hierzu keine sinnliche Erfahrung notwendig ist.

  3. Diese Bekanntschaft mit dem Selbst ist ein Fall von unsagbarem Wissen. Jonas erklärt die Unsagbarkeit unseres Selbstwissens durch die Ähnlichkeit zu phänomenalem Wissen: So, wie der phänomenale Charakter sinnlicher Wahrnehmung nicht sprachlich ausgedrückt werden kann, ist auch die Bekanntschaft mit dem Selbst unsagbar (173). Seltsamerweise hatte Jonas aber bereits zu Beginn des Buches die Unsagbarkeit sinnlicher Wahrnehmungen als trivial ausgeschlossen (6), so dass es scheint, als bliebe am Ende des Buches gar nichts übrig von der Idee einer nicht-trivialen Unsagbarkeit.

  4. In der Bekanntschaft mit dem Selbst liegt die Bedeutsamkeit unsagbarer Erfahrungen, was sich einfach aus der Bedeutung des Selbst ergibt.

  5. Bekanntschaft mit dem Selbst ist die metaphysische Basis des Unsagbaren. Jonas gelangt zu diesem Ergebnis quasi per Ausschluss, insofern sich alle anderen Ansätze als erfolglos erwiesen haben. Darüber hinaus passt das Selbstwissen zu den eingangs entwickelten Kriterien und erklärt für Jonas den Eindruck von Bedeutsamkeit, der unsagbare Erfahrungen begleitet. Die These lautet also, dass Erfahrungen von Unsagbarkeit in Wirklichkeit Begegnungen mit dem Selbst („Self-acquaintance“, 175) sind, das uns in dieser Erfahrung nonpropositional bekannt wird. Wie aber erklärt das ästhetische und insbesondere religiöse Erfahrungen? Gerade für mystische Erfahrungen ist eine Auflösung des Selbst, ein Verschmelzen mit der Gottheit oder auch ein Gefühl der Präsenz des Heiligen charakteristisch. Jonas verweist darauf, dass hier die Selbsterfahrung durch den religiösen Hintergrund gefärbt wird (176) – aber die Phänomenologie mystischer Erfahrungen legt es alles andere als nahe, sie als Selbsterfahrung zu deuten. Eine solch starke These, die im Widerspruch zur Phänomenologie mystischer Erfahrungen steht, bedarf einer ausführlicheren Begründung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jonas ein ebenso interessantes wie ambitioniertes, klar und präzise argumentiertes Buch vorgelegt hat. Meine kritischen Anmerkungen sollten denn auch nicht als Indiz für qualitative Mängel dieses Buches gelesen werden – im Gegenteil handelt es sich um einen wichtigen und anregenden Diskussionsbeitrag, der eine Fülle von Impulsen für dieses neue und aufstrebende Forschungsfeld bereithält, die es wert sind, weiter diskutiert zu werden.

Literatur

Alston, William. Divine Nature and Human Language. Ithaca: Cornell University Press, 1989.

Dretske, Fred. Knowledge and the Flow of Information. Cambridge, MA: MIT Press, 1981.

Jackson, Frank. „What Mary didn’t know.“ Journal of Philosophy 83.5 (1986), 291–295.

Lewis, David. On the Plurality of Worlds. London: Blackwell, 1986.

McDowell, John. Mind and World. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1994.

Moore, Adrian W. „Ineffability and Nonsense.“ Proceedings of the Aristotelian Society 77 (2003), 169–193.

Moore, Adrian W. „Ineffability and Reflection. An outline of the concept of knowledge.“ European Journal of Philosophy 1.3 (1993), 285–308.

Nagel, Thomas. „What is it like to be a bat?“ Philosophical Review 83.4 (1974), 435–450.

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