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Zeitschrift für philosophische Literatur 5. 3 (2017), 1–10

Thomasson, Amie L.: Ontology made easy. Oxford: Oxford University Press 2015. xiii + 345 Seiten. [ISBN987-0-19-938511-9]

Rezensiert von Geo Siegwart (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald)

Amie Thomasson möchte mit Ontology made easy ein Manifest vorlegen, das eine (er)neue(rte) Weise, Ontologie zu betreiben, propagiert. Als neu darf die Herangehensweise insofern gelten, als sie sich von dem in den letzten Jahrzehnten herrschenden neo-Quineschen Ansatz entschieden absetzt. Erneuernd ist das Vorgehen insoweit, als es der, pauschal formuliert, allein auf Bedeutungsklärung und Erfahrungserkenntnis setzenden früheren Tradition des Umgangs mit Existenzfragen wieder zu ihrem Recht verhelfen möchte. Die Zugehörigkeit zur Gattung der Manifeste wird deutlich an den wiederholt mit Emphase vorgetragenen programmatischen Formulierungen, an der oft nicht zimperlichen Charakterisierung der wichtigsten Gegenposition, an der gezielten Aufstellung der eigenen Truppen, an der sorgsamen Abgrenzung von zwar verwandten, aber gleichwohl konkurrierenden Ansätzen und – nicht zuletzt – an dem Übersehen von Stolpersteinen, die für die Euphorie der Neuorientierung typisch ist.

Die Ontologie stellt für die Autorin das (Kern-)Fach der Metaphysik dar. Sie ist mit Existenzfragen befasst. Die Behandlung dieser Probleme kann auf einer Objekt- und einer Metaebene erfolgen. Auf der Objektebene sind Fragen nach der Existenz von Zahlen, Tischen, Elfenbeinspechten, Partikeln, Summen, Löchern usw. schlicht zu beantworten. Auf der Metaebene wird hingegen darüber nachgedacht, wie, das heißt in Befolgung welcher Verfahren, Existenzfragen zu beantworten sind. Eine solche Reflexion ist spätestens dann angezeigt, wenn die Beantwortungsversuche auf Objektebene so häufig in Kontroversen enden, dass man nicht mehr von einem Zufall ausgehen kann. Die Metaphysik insgesamt soll, neben der Ontologie, auch Abteilungen umfassen, die sich mit im weiten Sinne modalen (Wesen, Identitäts- und Persistenzbedingungen usw.) und relationalen (Konstitution, Abhängigkeits- und Fundierungsverhältnisse usf.) Themen befasst. Auch diese Sparten möchte Thomasson zukünftig im Sinne der Easy Ontology entwickeln bzw. entwickelt sehen; dabei soll sich der derzeitige Schwerpunkt auf Existenzfragen (1) in die beiden anderen Problemfelder verschieben (1, 11, 325–330).

Eine griffige Charakterisierung der Easy Ontology (=EO) liest sich so:

I will call an approach to answering (a particular range of) existence questions an ‘easy’ approach provided it shares the following two features: holding that all well-formed existence questions may be answered by conceptual and/or empirical work (requiring nothing ‘epistemically metaphysical’), and that at least some disputed existence questions may be answered by means of trivial inferences from uncontroversial premises (123).

Die erste Bestimmung betrifft die Methode(n) der Beantwortung von Existenzfragen. Ihre in Klammern hinzu gesetzte negative Seite wird andernorts etwas ausführlicher so erläutert: „existence questions are not deep questions of metaphysics requiring some special philosophical insight or formulation of a total ‘best theory’ to answer“ (20). Ihre positive Seite erklärt die begrifflichen und die empirischen Beantwortungswege als zielführend und, so kann man hinzufügen, als allein zulässig. Nochmals detaillierter:

I will argue that existence questions that are fully meaningful and well specified are straightforwardly answerable by making use of our conceptual competence and (often) conducting straightforward empirical enquiries (20).

Die zweite Bestimmung zielt – positiv – auf die Modalitäten der Beantwortung und dient vor allem der (besser: einer) Erläuterung des qualifizierenden Wortes ‚easy‘: Wenigstens einige der akzeptablen Existenzfragen lassen sich beantworten, indem man aus nicht kontroversen Prämissen triviale Schlüsse zieht. Hier kann die negative Seite unschwer ergänzt werden: Anders als die ‚Hard Ontology‘ neo-quinescher Provenienz nahe legt, stellen die voll spezifizierten Existenzprobleme keine tiefen und schwierigen Gegenstände eigenständiger metaphysischer Bemühungen dar.

Die EO ist, näher besehen, nach den zitierten Erläuterungen lediglich eine metaontologische Position. Sie fällt in die Familie der deflationistischen Auffassungen. Sie teilt aber nicht die von Eli Hirsch (2002) propagierte Lehre von den vielen bedeutungsverschiedenen Quantoren („quantifier variance“), die in ontologischen Disputen Verwendung finden (z. B. 19, 69ff). Die angebotene Durchführung des favorisierten Programms führt auf einen simplen Realismus: Die philosophisch umstrittenen Entitäten wie „numbers, tables and chairs, properties and propositions“ (22) existieren, während „witches, phlogiston and other empirically dubious entities“ (ebd.) wunschgemäß nicht existieren. Diese Ergebnisse verdanken sich unter anderem der im Zentrum stehenden Analyse der Existenzrede. Oft verwendet Thomasson ‚EO‘ auch in einem weiteren Sinn sowohl für ihre Variante des Deflationismus als auch für den simplen Realismus (ebd.).


Thomasson präsentiert ihre Ausführungen in klarer Gliederung. Die „Introduction: The Forgotten Easy Approach“ (1–25) und die „Conclusion: The Importance of Not Being Earnest“ (318–330) rahmen die beiden Hauptteile ein. Ihre Lektüre verhilft zu einer Schnellorientierung. In der Einleitung vermittelt die Autorin in historischer und systematischer Hinsicht die Grundzüge ihres Anliegens und leitet das Studium des Textkorpus an. Der positive Teil der historischen Schilderung präsentiert – mit einer gewissen Großzügigkeit – die eigene Ahnentafel, die mit Carnap den wichtigsten Vorfahren erreicht: Existenzfragen, so die schon erwähnte Botschaft, finden allein auf empirischem oder analytischem Weg Beantwortung; Philosophen sind ausschließlich für den analytischen Pfad zuständig. Der negative Teil setzt an bei Quine, ist aber (hier zum ersten Mal) in der Hauptsache mit der Hard Ontology der Neo–Quineaner (wie etwa Ted Sider oder Peter van Inwagen) beschäftigt: Existenzfragen werden durch die Existenzbehauptungen der Totaltheorie mit den besten theoretischen Tugenden beantwortet! Eine solche Gesamtsicht wird durch ein gesondertes metaphysisches Verfahren zustande gebracht und ist tiefer und allgemeiner als naturwissenschaftliche Theorien. Der vornehmlich als Werbeabteilung angelegte Schluss fasst die Position der EO zusammen, sucht sie als den eigenen Maßstäben entsprechend auszuweisen, weitet die Perspektive von der Ontologie auf die anderen Teile der Metaphysik und ist dabei insbesondere darum bemüht, den eigenen Ansatz als einen neuen Zugang innerhalb dieser Disziplin auszuweisen. Es fällt, in Anbetracht gegenläufiger Üblichkeiten, angenehm auf, dass Thomasson auch bezüglich Einleitung und Schluss informative Überschriften anbietet und den Leser im gesamten Werk bei allen Übergängen durch überlegt formulierte Regietexte orientiert.

Jeder der beiden Hauptteile umfasst fünf Kapitel. Der weit umfangreichere erste Teil „Developing Easy Ontology“ dient in der Hauptsache der Entwicklung des Ansatzes. Der zweite, „Defending Easy Ontology“, nimmt Einwände auf und ist, allgemeiner, der Auseinandersetzung mit konkurrierenden Positionen gewidmet. Bei dieser Anlage stört indes, dass manche für das Verständnis und die Beurteilung des Ansatzes notwendige Informationen sich erst im zweiten Teil finden. So werden Teile des Innenlebens der für den Ansatz zentralen Easy-Argumentation erst bei der Entgegnung auf die „Bad Company Objection“ im achten Kapitel fassbar.

Das erste Kapitel, „Whatever happened to Carnapian Deflationism“, bereitet vor. Carnaps Deflationismus, wie er sich in der Unterscheidung zwischen internen und externen Fragen dokumentiert, wird als zentraler Anknüpfungspunkt ausgezeichnet und von zwei verbreiteten Fehldeutungen befreit: Er ist – so Thomasson gegen Putnam – nicht mit einer antirealistischen oder verifikationistischen Bedeutungstheorie verbunden. Ebenso wenig ist Carnap auf die Doktrin von der „quantifier variance“ verpflichtet, darauf also, dass in ontologischen Debatten verschiedene Quantoren Verwendung finden, so dass die entstehenden Dissense zu bloß verbalen herabzustufen sind. Festgelegt ist Carnap, und damit auch die neo-Carnapsche Metaontologie von Thomasson, indes auf die Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Erkenntnissen; und diese Distinktion steht auch im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen Carnap und Quine. Im Zuge der instruktiven Schilderung dieser Kontroverse macht Thomasson auch deutlich, dass Quine selbst keineswegs an der Wiederbelebung traditionell metaphysischer Fragen interessiert war (52f, vgl. auch 4 Anm. 2). Wenn man die Hard Ontology als neo-Quinesche Position anspricht, dann dürfte das lediglich besagen, dass diese Partei im Ausgang von Quine Existenz an die so genannten ontologischen Verpflichtungen der jeweils besten Totaltheorie bindet.

Zum ersten Kapitel zählen auch Ausführungen unter dem Titel „‘Exists’ as a formal notion: A Brief History“. Dort stellt Thomasson sich in die Hume-Kant-Frege-Tradition, der zufolge ‚Existenz‘, von der Logischen Grammatik her gesehen, als Prädikat zweiter Stufe bzw. (im erststufigen Rahmen) als Quantor zu lesen ist. Dass K-Gebilde existieren resp. nicht existieren, soll besagen: es gibt wenigstens ein resp. kein K oder es gibt ein resp. kein Gebilde mit der K-Eigenschaft. Vor diesem Hintergrund formuliert Thomasson dann gleich zu Anfang des zweiten Kapitels, „The Unbearable Lighntess of Existence“, ihre Kernregel E: „Ks exist iff the application conditions actually associated with ‘K’ are fulfilled.“ (86). Dabei ist ‚K‘ ein Sortal der Gebrauchssprache. Thomasson erläutert im weiteren Kapitel hauptsächlich ihr Konzept der Anwendungsbedingung. Sie argumentiert ferner dagegen, substantielle Existenzprädikate erster Stufe, die durch die Form „for every x, x exists iff s is such and such (causally relevant, mind-independent, in possession of real nature…)“ (116) definiert werden können, in ontologischen Geschäften eine Rolle zu geben.

Im dritten Kapitel, „Easy Ontology and its Consequences“, exemplifiziert Thomasson die vorschwebende leichte Beantwortung von Existenzfragen, erörtert in vergleichender Absicht zwei verwandte Ausprägungen der Easy Ontology und resümiert ihre Auffassung des ontologischen Geschäftes auf Objekt- und Metaebene. In der Nachbarschaft zu ihrem Ansatz sieht Thomasson zum einen Crispin Wright und Bob Hale, die Vertreter des Neo-Fregeanismus in der Philosophie der Mathematik, und zum andern Stephen Schiffer, den Freund der so genannten pleonastischen Entitäten. Verwandt sind diese Positionen insofern, als sie bei der Beantwortung von Existenzfragen lediglich auf begriffliche und empirische Mittel zurückgreifen. Diese Ansätze sind indes nicht auf die Regel E und die mit dieser verknüpften sprachphilosophischen Auffassungen festgelegt. Neo-Fregeaner gehen bei der Behandlung von Existenzfragen bezüglich mathematischer Gebildevon wahren Aussagen aus, die singuläre Anzahlterme enthalten(z. B.: „Die Anzahl der Tassen ist identisch mit der Anzahl der Untertassen“). Da die verwendeten Anzahlterme referieren, existieren Anzahlen. Langwierige Überlegungen zur wahren Existenz von Anzahlen, die hier beliebige mathematische Gebilde vertreten, erübrigen sich damit für Neo-Fregeaner (133f).

Die Hard Ontology ist der Lieblingsfeind von Thomasson. Immer und immer wieder versucht sie klar zu legen, dass es neben den empirischen und den analytischen Wegen zur Beantwortung von Existenzfragen keinen dritten Erkenntnispfad gibt und dass jeder, der einen solchen zu beschreiten versucht, sich auf einen Irrweg begibt, ins Mysteriöse, Esoterische fällt. Im vierten Kapitel, „Other ways of being suspicious“, erörtert Thomasson eine Reihe anderer metaontologischer Positionen, die mit den Ansätzen der Easy Ontology zwar die Diagnose teilen, dass mit den üblichen ontologischen Debatten, insbesondere jenen in der Hard Ontology geführten, etwas schief läuft, die für diesen Missstand jedoch andere Ursachen dingfest machen. Dazu zählt an erster Stelle die nun schon häufiger erwähnte Auffassung von der ‘quantifier variance’. Nimmt man die im vorangehenden Kapitel behandelten verwandten Spielarten der Easy Ontology hinzu und ergänzt das Bild durch den im nächsten Kapitel behandelten Fiktionalismus, dann entsteht insgesamt eine instruktive Übersicht zu den deflationistischen Positionen in der Metaontologie.


Die prominenteste Alternative zur Easy Ontology innerhalb der gegen die Hard Ontology gerichteten Gruppe ist der Fiktionalismus, genauer der von Stephen Yablo favorisierte hermeneutische Fiktionalismus. Thomasson bietet im fünften Kapitel, „Fictionalism versus Deflationism“, sowohl eine Verteidigung der eigenen Position gegen Einwände seitens des Fiktionalismus als auch einen bemerkenswerten Angriff auf die Kernthese diese Tendenz. Diese lässt sich, vereinfacht, so formulieren: Wir reden, genau besehen, nicht über Zahlen, Mengen, Eigenschaften, Propositionen usf., sondern wir tun nur so, als ob wir darüber redeten. Die Plausibilität dieses fiktionalisierenden Zugriffs hängt entscheidend davon ab, ob sich die für die fiktionale Rede typische Struktur nachweisen lässt. Thomasson formuliert ihre Kritik anhand eines oft benutzten Szenarios von Kendell Walton (1990): Kinder geben nur vor, über Bären zu reden, wenn sie sich vorher geeinigt haben, die Baumstümpfe im Garten als Bären zu betrachten. Um indes nur so zu tun, als ob es im Garten fünf Bären gäbe, muss es einen Unterschied geben zwischen dem, worauf wir verpflichtet sind, wenn wir ernsthaft behaupten, dass es fünf Bären gibt, und dem, worauf wir verpflichtet sind, wenn wir dies nur vorgeben. Nur wenn man nicht darauf festgelegt ist, dass es im Garten „wirklich“ fünf Bären gibt, kann man vorgeben, es gäbe fünf Bären; und wenn man dies vorgibt, ist man darauf verpflichtet, dass es „in Wirklichkeit“ fünf Baumstümpfe gibt. Genau diese Struktur, kurz: der Unterschied zwischen Bären und Baumstümpfen, lässt sich, so Thomasson, beim Versuch der Fiktionalisierung z. B. des mathematischen Diskurses nicht aufweisen (186–194, v.a. 187).

Der kürzere zweite Hauptteil, „Defending Easy Ontology“, ist darauf angelegt, Missverständnisse und Verwirrungen bezüglich der Easy Ontology zu beseitigen und der reichlich vorhandenen Kritik entgegenzutreten. Die verständige Lektüre erfordert indes oft Kenntnis der aktuellen ontologischen Disputlage oder wird durch dieselbe doch erheblich erleichtert. Der Rezensent beschränkt sich daher bezüglich des sechsten, siebten, neunten und zehnten Kapitels auf die Nennung einiger Hauptpunkte. Lediglich das achte Kapitel wird detaillierter dargelegt. Dort verteidigt Thomasson ihre Auffassung, indem sie Bedenken gegen die verwandte Position des Neo-Fregeanismus zurückweist.

Das sechste Kapitel, „Do easy arguments give us problematic ontological commitments?“, zeigt u. a., dass die Easy Ontology keine Kaninchen aus dem Hut zaubert in dem Sinne, dass sie Entitäten „in die Existenz definiert“. Von allgemeinem Nutzen ist in diesem Kontext die Analyse des Wortes ‚Objekt‘ (218–220, vgl. auch schon 108–111). Im siebten Kapitel, „Do doubts about conceptual truths undermine easy arguments?“, steht das Problem der Analytizität, insbesondere die Zurückweisung der einschlägigen Kritik von Williamson, im Mittelpunkt. Im neunten Kapitel, „Do easy arguments fail to answer ontological questions?“, befasst Thomasson sich mit dem Einwand von Thomas Hofweber (vgl. bspw. Hofweber 2015), die Easy Ontology beantworte schon deshalb keine ontologischen Fragen, weil sie den Quantor lediglich in einem internen und nicht in dem in der Ontologie geforderten externen Sinn verwende. Das letzte Kapitel, „Can hard ontological questions be revived in ontologese?“, ist der Debatte mit Ted Sider, dem wohl entschiedensten Verfechter der Hard Ontology, gewidmet. Thomasson stellt insbesondere die Klärungslasten heraus, die eine extrem realistische Auffassung bezüglich der logischen Redeteile zu übernehmen hat.

Im achten Kapitel legt Thomasson im Ansatz das Innenleben ihrer „easy arguments“ offen. Auslöser ist der Vorwurf der „bad company“. Ausgangspunkt ist der Umstand, dass im befreundeten Quartier der Neo-Fregeaner Humes Prinzip oder strukturgleiche Aussagen, eine Schlüsselrolle spielen. Humes Prinzip lautet: „The number of ns = the number of ms iff the ns and the ms are equinumerous“ (254). Schematisch: Das F-Abstraktum zu x = das F-Abstraktum zu y genau dann, wenn x zu y in der F-Gleichheit steht. Da Freges Grundgesetz V ein solches Prinzip ist und aus ihm eine Antinomie erzeugbar ist, ergibt sich das Problem, in wohlmotivierter Weise zwischen akzeptablen und unakzeptablen Abstraktionsprinzipien zu unterscheiden (256). Thomassons erster diesbezüglicher Schritt ist der Verzicht auf die Rechts-Links-Richtung (257). Der nächste Schritt irritiert, indem er – ohne Kommentar – die Propositionen der Humeschen Form verlässt. Abstraktionsprinzipien spielen keine Rolle mehr. Das erste von fünf strukturell ähnlich gebauten Beispielen lautet nämlich: „a. If a concrete object x is P, then x has the property of being P (and so there is a property)“ (258). Den weiteren Ausführungen ist zu entnehmen, dass Thomasson Prinzipien dieser Art als Einführungen liest, in diesem Fall als Einführung von ‚the property of‘; und im Weiteren versucht sie, entsprechende Einführungsbedingungen nahezulegen (260–267). Anbei: Ob die Argumentation nach a. logisch korrekt ist, lässt sich erst auf Basis einer Formalisierung entscheiden. Überdies scheint auch die Verbindung zwischen funktoraler und prädikativer Eigenschaftsrede, also zwischen den Ausdrücken ‘die Eigenschaft von…’ und ‘…ist eine Eigenschaft (von …)’ zu fehlen, die für die Korrektheit unerlässlich ist.


Ein Manifest besitzt naturgemäß viele Baustellen. In der Folge sollen drei angezeigt werden: die Wahl des Titels „Easy Ontology“, die Kernregel für die Existenzrede und der gebrauchssprachliche Charakter des Ansatzes (vgl. für eine prägnante Darstellung und ausführliche Kritik des Werkes auch Cordes 2017).

(i) Titel: Vielleicht sollte man sich mit dem Titel „Ontology made easy“ bzw. seiner Kurzfassung „Easy Ontology“, in dem das Wort „easy“ die Aufmerksamkeit auf sich zieht, nicht aufhalten. Aber zum einen machen die einschlägigen Verlautbarungen von Thomasson einen durchaus zwiespältigen Eindruck. Zum anderen scheint die Autorin der impliziten Bezogenheit des gewählten Redeteils auf (hier: kognitive) Agenten keine Rechnung zu tragen.

Zum einen: Thomasson unterscheidet zwei Verwendungen, eine übliche und eine technische. Der letztgenannte Sinn wird erst gegen Ende des Buches und in Klammern erläutert: Leicht soll das Betreiben der entworfenen Ontologie sein, weil es „nothing epistemically metaphysical“ (327) enthält. Hier wird das Wort einfach zur Absetzung von der immer wieder und vermutlich zu Recht als dubios kritisierten dritten Erkenntniskraft der Hard Ontology verwendet. „Easy“ scheint dafür indes schlicht unpassend: Thomasson könnte besser z. B. von einer nicht obskuren oder nicht esoterischen Ontologie sprechen, einer solchen, die eben nur auf den empirischen oder analytischen Erkenntnisweg setzt (vgl. auch 113, 127). Im selben Kontext gesteht die Autorin indes ausdrücklich zu, dass die ontologische Verrichtung im besonderen und das metaphysische Geschäft im allgemeinen eben nicht durchgehend leicht ist, und zwar deshalb, weil die dem Beantworten von (vermutlich den meisten philosophischen) Existenzfragen vorgelagerte Tätigkeit der Bedeutungsklärung sich nicht eben von selbst erledigt (vgl. auch 128 Anm. 2, 319, Anm. 1, 329f).

Zum andern: Ganz prinzipiell wäre zu bedenken, dass eine Tätigkeit – und so auch das Beantworten von Existenzfragen – leicht (oder auch schwer) stets für jemanden ist. Wen hat Thomasson im Auge? Alle kognitiven Agenten, die meisten, einige so und so Beschaffene, etwa die durchschnittlichen Sprecher einer Alltagssprache oder die Benutzer einer ontologischen Fachsprache? Der Bezug auf erkennende Subjekte besteht im Übrigen auch für die Ausdrücke ‚(un-)kontrovers‘ und ‚(nicht-)trivial‘, mit deren Hilfe die EO erläutert wird.

(ii) Kernregel: Thomassons Regel für die Existenzrede sei zur leichteren Bezugnahme nochmals angeführt:

E: Ks exist iff the application conditions actually associated with ‘K’ are fulfilled. (86)

Die Autorin fährt, in Übereinstimmung mit ihren Ausführungen zu Existenz als formalem Begriff (63–69), so fort:

Provided we retain the standard equivalence between quantificational and existence claims, we can also say: “∃x K(x) iff the application conditions actually associated with ‘K’ are fulfilled.” (ebd.).

Aufgrund der beanspruchten Äquivalenz stellt sich sofort die Frage, warum ‘existiert’ nicht die Bedeutung hat, die ‚∃x‘ besitzt und die man – etwa im Format des natürlichen Schließens – durch eine Einführungs- und eine Beseitigungsregel angeben kann. Es ist Thomasson natürlich klar, dass der Quantor diese Bedeutung hat (vgl. 288) – nur scheint sie diese bei der Etablierung von E zu ignorieren. E erweist sich insoweit als überflüssig. Ist die Regel zu anderen Zwecken gut?

Drei Kleinigkeiten vorweg: Zum ersten handelt es sich bei E nicht um eine Regel im engeren Sinne: Es fehlt der deontische Redeteil. Zum zweiten scheint der Zusatz „actually associated with“ eine typische Kautele auf einen Einwand, die mutmaßlich zum Kern des Anliegens nicht beiträgt. Zum dritten irritiert die Rede von den, d. h. von allen, Anwendungsbedingungen. Das macht, um nur das Mindeste zu sagen, die Regel unpraktikabel. Auch die sogleich erörterte Beispielbetrachtung deutet eher darauf hin, dass die Erfülltheit wenigstens einer Anwendungsbedingung genügt. Reformuliert man E im Lichte dieser Hinweise in der interessierenden Rechts-Links-Richtung so ergibt sich:

E*: Wenn wenigstens eine Anwendungsbedingung für ‚K‘ erfüllt ist, dann darf man darauf schließen, dass K-s existieren.

Existieren Lehrer? Nun: Personen, die zum Unterrichten angestellt sind, sind Lehrer. Metasprachlich: ‚Person, die zum Unterrichten angestellt ist‘ ist eine Anwendungsbedingung für ‚Lehrer‘. Ferner gibt es Personen, die zum Unterrichten angestellt sind. Metasprachlich: Diese Anwendungsbedingung für Lehrer ist erfüllt. Also existieren Lehrer (vgl. 98). Das ist in der Tat ein(er von mehreren) Weg(en), um auf Existenzaussagen zu schließen. Unter einer nahe liegenden Formalisierung: Aus der Aussagenklasse {‘∀x (G(x) → K(x))’, ‘∃xG(x)’} folgt ‘∃xK(x)’. In der Gründeklasse ist dabei bereits eine Existenzaussage verfügbar; und die Konklusion folgt u. a. deshalb, weil der Existenzquantor (und damit analog ‘existiert’) in üblicher und passender Weise reguliert ist. Es ist indes nicht zu sehen, wie mit dem Schema E* die Bedeutung der Existenzrede reguliert wird.

(iii) Gebrauchssprachlichkeit: Thomasson betont immer wieder, dass sie ihre Existenzfragen in normalem Englisch stellt und zu beantworten sucht. Auch wenn Carnap ihr wichtigster Kirchenvater ist, möchte sie ausdrücklich kein formalsprachliches Programm verfolgen (44f). Zweifel daran, ob diese Absicht umgesetzt werden kann, dürften schon die voranstehenden Überlegungen zur Regel E aufwerfen. Sie werden verstärkt, wenn man ernsthaft daran denkt, wie Thomassons Intuitionen zur Analytizität begrifflich gefasst werden könnten (238–248). Die Bedenken erreichen ihren Höhepunkt, wenn man fragt, wie in Vermeidung des Einwandes der ‘bad company’ die Ideen zur Einführung neuer Terme (260–267) überprüfbar gemacht werden können, ohne dass man sich ausdrücklich auf eine Explizitsprache bezieht. Man könnte im Übrigen noch elementarer ansetzen: Thomasson spricht immer wieder davon, was woraus („leicht“) folgt. Scharf definiert ist die Folgerungsrede indes nur für Explizitsprachen bzw. formale Sprachen. Wer über gebrauchssprachliche Redezusammenhänge Folgerungsurteile äußert, verbleibt entweder im Intuitiven oder fällt diese relativ auf stillschweigend vorgenommene Formalisierungen. Thomassons Bekenntnis zur Gebrauchssprachlichkeit scheint blind für diese methodologischen Zusammenhänge.


Ontology made easy ist ein gut lesbares Buch. Seine Lektüre verhilft zu einem Überblick über metaontologische Positionen, insbesondere die deflationistischen. Die Kritik am epistemischen Status der Hard Ontology und am Ansatz des Fiktionalismus verdient Beachtung. Weniger erfolgreich ist die Gestaltung der konstruktiven Seite: Die Fixierung auf die Gebrauchssprachlichkeit führt zu einer prinzipiellen methodologischen Unklarheit. Die Kernregel für die Existenzrede setzt deren Regulierung voraus, ohne zu ihr beizutragen. Will man gleichwohl für die verbleibenden Intuitionen eine eigene Position ausrufen, sollte man sie unter einen geeigneteren Titel stellen.

Literatur

Cordes, Moritz. „Amie L. Thomasson: Ontology made easy“, Logical Analysis and History of Philosophy 20 (2017), 187–195.

Hirsch, Eli. „Quantifier Variance and Realism“. In Realism and Relativism. Philosophical Issues 12, hg. von Ernest Sosa and Enrique Villanueva, 51–73. Oxford: Blackwell, 2002.

Hofweber, Thomas. „A Puzzle about Ontology“. Noûs 39.2 (2005), 256–283.

Walton, Kendell. Mimesis as Make-Believe. On the Foundations of the Representational Arts, Cambridge, MA: Harvard University Press, 1990.

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