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Zeitschrift für philosophische Literatur 3. 3 (2015), 42–49

Bernardy, Jörg: Warum Macht produktiv ist. Genealogische Blickschule mit Foucault, Nietzsche und Wittgenstein. Paderborn: Wilhelm Fink 2014. 221 Seiten. [978-3-7705-5785-1]

Rezensiert von Hans Zillmann (Halle-Wittenberg)

Jörg Bernardy widmet sich in seinem Buch der Frage nach den literarischen Mitteln, mit denen Foucault, Nietzsche und Wittgenstein das Thema Macht behandeln. Das Stichwort Macht benennt ein kontrovers diskutiertes Phänomen. Einem im Alltag verbreiteten Begriff von Macht zufolge hängt ihr immer auch etwas Negatives an (9). Sie zeigt sich demnach im Terrain von Unterdrückung, Ausgrenzung und Stigmatisierung. Michel Foucault hat in seinen Arbeiten untersucht, wie sich Macht auf verschiedenen Ebenen äußern kann. Für ihn normiert sie in der Moderne Subjekte mittels bestimmter Prozeduren, die bis in den menschlichen Körper hineinreichen. Macht wird von ihm als Ergebnis gesellschaftlicher Praktiken dargestellt. Für Bernardy begreift der französische Philosoph die Macht ab den siebziger Jahren in einem produktiven Sinne (14). Nach der Lesart von Petra Gehring (die Bernardy darstellt), ist Macht dann präsent, „wenn es um Phänomene der Ordnung und um Transformationen von Ordnungen geht“ (14). Foucault hat in Überwachen und Strafen eine solche Lesart der Macht zum Modus Operandi seiner Arbeit erklärt (Foucault 1994: 42).

Der zweite Autor, den Bernardy für seine Analyse der Darstellungsweisen von Macht heranzieht, ist Nietzsche, der große Kritiker der liberalen Moderne (Fukuyama 1992: 25). Nietzsches Bedeutung für das Denken Foucaults ist bereits gut untersucht (vgl. z.B. Saar 2007, Naumann 2008). Bernardy konzentriert sich auf den „nüchterne[n] und kalte[n]“ (9) Blick des Genealogen, der erst die Produktivität der Macht erkennen könne. Wie bei Foucault fände im Denken Nietzsches eine Dezentrierung von Macht statt (10).

Erst am Ende der Abhandlung zieht Bernardy Wittgenstein heran, den dritten Philosophen aus dem Untertitel seines Buches. Ziel der Darstellung Bernardys ist letztlich ein Vergleich der genealogischen Blickwinkel, die Foucault und Wittgenstein entwickeln. Ein „Blickwinkel“ ist als literarische Form zu verstehen, die es mittels bestimmter Methoden ermöglicht, eine Distanz der Leser_innen zum Text bzw. einen Verfremdungseffekt zu erreichen. Bernardy selbst fasst das Ziel seiner Qualifikationsschrift auf den ersten Seiten seines Buches folgendermaßen zusammen: „Wie Macht in der Gesellschaft wirkt und wie sie bis in den Alltag des Individuums ausstrahlt, ist die entscheidende Frage und grundsätzliche Motivation für dieses Buch.“ (9) Offensichtlich herrscht bei Bernardy aber Unklarheit über das Ziel, das er mit seiner Darstellung verfolgt. Denn entschieden bzw. für die Leser_innen fassbar wird die Frage nach den Wirkungen der Macht auf Gesellschaft und Individuum in seinem Buch nicht gestellt.

Die Arbeit Bernardys gliedert sich in sieben Kapitel. Während im ersten bis fünften Kapitel die Darstellung der Machtanalyse Foucaults im Mittepunkt steht und durch einen Exkurs zu Deleuze und Darwin erweitert wird, ist das Verhältnis zwischen Nietzsche und Foucault Thema des sechsten Kapitels. Im siebenten und letzten Kapitel wendet sich der Autor Wittgenstein zu und vergleicht dessen Methode mit derjenigen Foucaults.

I. Foucault

Für Bernardy bringt Foucault wichtige Charakteristika der Macht durch die Verwendung der Begriffe Strategie und Technik zum Ausdruck. Diese Begriffe markieren laut Bernardy eine literarische Ausdrucksweise, welche er als einen originären Beitrag Foucaults zur Machtanalyse begreift (16). Bernardy sieht hier zum Beispiel einen möglichen, aber nicht zwingend nachweisbaren Einfluss von Kafkas In der Strafkolonie auf die Darstellungsweise Foucaults (21). Wie in Kafkas Kurzgeschichte zeigt sich die Macht auch für Foucault in Normierungen und schreibt diese in die Körper der Individuen ein. Die Technikmetapher in Foucaults Werk stehe so wie der unmenschliche Apparat in der Strafkolonie für eine anonyme mechanische Ebene der Macht (21).

Bernardy unternimmt keine Werkanalyse, sondern versucht anhand einer Diskussion von Überwachen und Strafen diejenigen literarischen Mittel herauszuschälen, die Foucaults genealogischen Blick auf die Macht bestimmen (37). Er stellt die serielle Erzählweise Foucaults ebenso als entscheidendes Stilmittel heraus wie die Darstellung der Diskontinuität des historischen Verlaufs. Damit wolle Foucault entscheidende Wandlungen der Historie von Macht demonstrieren (41).

Bernardy versäumt es nicht, auf Foucaults Gesellschaftskritik hinzuweisen. Von Interesse sind für ihn aber die literarischen Mittel, mit denen Foucault seine Machtanalyse den Leser_innen zugänglich macht (63). Bernardy begreift die foucaultsche Darstellungsweise als didaktische Methode, mit deren Hilfe Foucault auf Zusammenhänge, aber auch auf bestimmte Leerstellen der historischen Analyse aufmerksam macht. Mittels dieser Verfahrensweise stelle Foucault seinen Leser_innen eine historische Kontinuität des panoptischen Systems dar, die sich in den Institutionen Gefängnis, Schule und Fabrik exemplarisch zeige. Indem er auch die Social Media, hier stellvertretend Facebook, in die Reihe der Institutionen der normierenden Praxis stellt, versucht Bernardy Foucaults Darstellungen einen gegenwartsnahen Bezug zu geben (85). Es gibt bereits einige Arbeiten zu diesem Thema, Han beschreibt beispielsweise die neuen Kommunikationsmedien ebenfalls als Techniken der Macht und weist ihnen eine tendenziell negative Wirkung zu (Han 2014: 11). Letztlich beschreibt das foucaultsche Panopticon für Bernardy die Gesamtheit der modernen Gesellschaft – es gebe nun kein Außerhalb des Panopticons mehr und die vollständige Überwachung, für die das panoptische System steht, sei allgegenwärtig. Hier scheint sich die Frage nach der Produktivität von Macht in Bernardys Buch wieder auf die Frage nach möglichen negativen Folgen der Macht zu verschieben. An dieser Stelle trifft sich für Bernardy die Gesellschafts- und Kulturkritik Foucaults mit Nietzsches Kritik der Moral (86). Denn „Aufklärung und humanistische Bildung“ (89) stellten sich im Denken beider als Komplizen der Macht dar (89). So habe die Rede des Zarathustra den bereits disziplinierten Menschen Foucaults zum Adressaten (88).

Bernardy bezeichnet „Fiktionalisierung, Anonymisierung und Personalisierung […] als die kognitiven Funktionen des genealogischen Blicks“ (113). Anonymisierung erreiche Foucault durch einen nicht wertenden Blick, Fiktionalisierung durch die besondere Montagetechnik und Personalisierung durch sein Verständnis des Körpers als Adressat der Macht und der Normierungspraktiken (116). Mit seinen Darstellungsweisen erziele Foucault eine Identifikation der Leser_innen mit dem disziplinierten Subjekt (119). Bernardy erfasst hier den Umstand, dass der Begriff der Diskontinuität auf sehr verschiedenen Ebenen des foucaultschen Denkens zu finden ist. Bis hin zu der Ebene des Individuellen, zu den Selbstpraktiken reiche der Gedanke einer möglichen und ständigen Unregelmäßigkeit (130). Diese Diskontinuität ergebe sich durch die Montagetechnik Foucaults (114). Die Gegenüberstellung der Bestrafungstechniken zu Beginn von Überwachen und Strafen veranschauliche diese Technik exemplarisch. Foucault erziele hier drei verschiedene Wirkungen (114): 1) Die Leser_innen würden durch eine minutiöse Quellenauswertung eine historische Gewissheit über die Bestrafungstechniken gewinnen. 2) Der Fokus der Leser_innen würde auf die Diskontinuität gelenkt, die Foucault mit seiner Gegenüberstellung ausdrückt. 3) Die Leser_innen würden Informationen über Details der beiden Bestrafungstechniken erhalten, die für den Gesamtzusammenhang unerheblich sind. Diese Kenntnisse führen für Bernardy aber dazu, dass die Leser_innen in die beschriebene Szenerie hineinversetzt werden (115). 

Bernardy sieht in Foucault einen Pluralisten. Diskontinuität und Differenz seien für ihn die grundlegenden Prinzipien des Seins – nur so könnten die Leser_innen die Geschichte der Transformationen und Übergänge nachvollziehen (135). Denn, und das erwähnt der Autor an dieser Stelle passend, Foucault begreift den geschichtlichen Verlauf nicht als Aufeinanderfolge zusammenhangsloser Ereignisse – mit seiner Darstellung der Diskontinuität des historischen Verlaufs macht Foucault auf die Komplexität der Wirkzusammenhänge aufmerksam, die solchen Übergängen und Wandlungen zugrunde liegen. Er streitet damit aber nicht die Möglichkeit einer historischen Analyse ab.

Foucault, so Bernardy, zielt nach eigener Aussage auf eine Individualisierung der Diskurse (135). Er verstehe die Veränderungen der Diskurse als Mutationen. Dieser Begriff beschreibt in der Biologie eine spontane, natürliche oder induzierte Veränderung (Strittmatter/Klonk 2002: 405). In dieser biologischen Terminologie zeigt sich für Bernardy eine Verwandtschaft mit Darwin (139). Mit dieser These bezieht sich Bernardy auf Sarasin, für den die Veränderungen der Diskurse bei Foucault durch die Beziehungen zwischen den Diskursen bestimmt werden. Darwin hat eine ähnliche Ansicht bezüglich der „Formung der Organismen“ (Sarasin 2009: 177), so Sarasin, denn diese basiere für Darwin auf den „verwickelten Relationen“ (Sarasin 2009: 177) zwischen den einzelnen Lebewesen (Sarasin 2009: 177).

II. Nietzsche

Im sechsten Kapitel bezieht Bernardy Nietzsche in seine Analyse ein. Indem er die Wirkung Schopenhauers auf Nietzsche beschreibt, macht er die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität zur methodischen Grundlage seiner eigenen Darstellung. Konsequent weist er sowohl auf Unterschiede als auch auf Gemeinsamkeiten zwischen Nietzsche und Schopenhauer hin (160). Anhand der Gegenüberstellung von Schopenhauer, Nietzsche und Foucault will der Autor zeigen, dass „Moralkritik und genealogischer Blick genuin zusammengehören“ (154). So stehe bereits Schopenhauer mit seiner Moralkritik für eine „Historisierung und Kulturalisierung von Diskurs und Mensch“ (158). Bei Nietzsche erfahre dieser Ansatz eine Um- und Neuinterpretation – Freud und Foucault würden die Thesen Nietzsches um eine Anwendung auf die kulturelle Ebene erweitern und seine Theorie in eine Kulturkritik umformulieren (159). Wie bei Nietzsche gehe es auch bei Freud um die Bewusstwerdung einer Pluralität des Subjektiven (161). Bernardy stellt die mit der Pluralisierung einhergehende Desubjektivierung mit Bezug auf Foucault als existenzielle Erfahrung vor, die nicht nur die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren und zu überwinden erlaube, sondern sich gleichsam als zentraler Dreh- und Wendepunkt des genealogischen Blicks von Außen auszeichne (164).

Für Bernardy verbindet Schopenhauer, Nietzsche und Foucault eine bestimmte Methode. Die jeweilige Zielstellung sei aber verschieden: Während Schopenhauer noch die Bestimmung des moralisch Guten im Blick habe, gehe es bei Nietzsche und im Anschluss bei Foucault um die Bestimmung der Praktiken, die zu einer Definition des Guten führen (171). Neben allen Gemeinsamkeiten stellt Bernardy eine zentrale Differenz zwischen Nietzsche und Foucault heraus: Foucault stelle in seiner Kulturkritik die Praktiken und Kräfte nicht wie Nietzsche als „Schwächen des Menschen heraus“ (174), sondern ziele auf die produktive Funktion jener Praktiken (174).

III. Wittgenstein

Im letzten Kapitel unternimmt Bernardy den Versuch, auch die Methode Wittgensteins als genealogischen Ansatz zu charakterisieren. Zuvor argumentiert er aber noch gegen „eine Geringschätzung der Rhetorik“ (181f). Letztlich setzen seine bisherigen Ausführungen bereits voraus, dass es lohnenswert ist, philosophische Texte auf ihre stilistischen Mittel zu untersuchen, doch Bernardy hebt diesen Punkt an dieser Stelle noch einmal hervor (186).

Sowohl bei Foucault als auch bei Wittgenstein zeigt Bernardy literarische Ausdrucksformen philosophischer Inhalte auf, die den Fokus der Leser_innen bestimmen (187). Diese suggestive und imaginative Funktion hatte Bernardy bereits als Charakteristikum des genealogischen Blicks bestimmt, nun expliziert er die wesentlichen Verbindungen zwischen Foucault und Wittgenstein anhand dieses Merkmals. Als Vergleichsschrift zu Foucaults Überwachen und Strafen zieht Bernardy die Philosophischen Untersuchungen Wittgensteins heran. Für Bernardy vermitteln die bekannten Leerstellen der Untersuchungen den Leser_innen bestimmte kognitive Inhalte. Diese stehen gewissermaßen zwischen den Zeilen und zeigen sich in der Form des Textes. Der Autor bezeichnet dies als die „Materialität der literarischen Artikulationsformen“ (187). Foucaults bewusst gesetzte Leerstelle zwischen den ersten beiden Szenen von Überwachen und Strafen zeugt für Bernardy von eben dieser Methode. Sowohl Wittgenstein als auch Foucault schaffen Kontinuität demnach erst durch Zwischenräume. Bereits der Aufbau ihrer Schriften stelle sich damit als Artikulationsmethode dar (189). Die Leser_innen würden auf diese Weise in einem Akt der Selbstreflexion förmlich in den Text hineingezogen und das Verstehen des Textes sei nur auf diese Weise möglich (190). In den Werken Foucaults und Wittgensteins wird nach Bernardy zudem der Anspruch reiner Wissenschaftlichkeit aufgegeben. Beide Blickwinkel sind für den Autor durch eine Perspektive von Außen charakterisiert– Übung, Praxis, Selbstreflexion und Veränderung der Denkweisen der Leser_innen seien das Ziel der literarischen Formen, in denen die beiden ihre Philosophien vermitteln (192). Ihr Anspruch müsse daher als therapeutisch verstanden werden (195). Philosophie werde von beiden als „Tätigkeit und Lebensform“ (195) verstanden (195).

Die Arbeit Bernardys gipfelt in der Feststellung fünf zentraler Gemeinsamkeiten zwischen den literarischen Methoden Wittgensteins und Foucaults: Erstens sei der Einsatz bestimmter Urszenen festzustellen. Die Peststadt oder das Panopticon Foucaults seien diesbezüglich mit den einfachen Sprachspielen bei Wittgenstein zu vergleichen (200). Zweitens konstatiert Bernardy eine visuelle und imaginative Ebene der jeweiligen Philosophie (201). Die Leser_innen könnten sich sowohl von den Inhaftierten als auch von den einfachen Sprachspielen ein Bild machen. Drittens würden beide Denker Pluralität als Grundlage ihrer jeweiligen Analyse nutzen. Während Wittgenstein von der Pluralität der Bedeutung und Verwendung von Wörtern und Sätzen ausgehe, rufe Foucault die Pluralität der Zwecke und Verwendungsweisen von Strafe aus (204). Viertens würden beide technische Begriffe und Metaphern verwenden. Bernardy bezieht sich hier exemplarisch auf das Beispiel vom Werkzeugkasten, mit dem Wittgenstein zum einen auf den instrumentellen Charakter von Sprache hindeutet und zum anderen auf ihre unterschiedlichen Verwendungsweisen (204). Mit dieser Ausdrucksweise würden beide Denker die Leser_innen in Distanz zum Text setzen (207). Fünftens werde Sprache für Wittgenstein durch Konventionen entwickelt und gebildet. Nach Bernardy „gerinnt die Handlung des Schülers zunächst zu einer bloßen Nachahmung der Praxis“ (208) und lässt sich daher ebenfalls als Normierungsprozess beschreiben (208). Die finale Konklusion seines Vergleichs sieht Bernardy in der Feststellung einer vor allem äußerlich bedingten Konstruktion des Subjekts bei Foucault und Wittgenstein (209). Beide würden daher einen ethnologischen Blick auf die eigene Kultur einnehmen (209). Mit seinen Darstellungen bleibt Bernardy hinter der Interpretation Volbers zurück, die er hier als Quelle anführt (208). Denn Volbers versteht Foucault zudem als Ergänzung zu Wittgenstein: Während Wittgenstein die Teilhabe des Subjekts an Praktiken betone, stehe Foucault für eine Konkretisierung der geschichtlichen Umstände und Praktiken, innerhalb derer das Subjekt transformiert wird (Volbers 2009: 15).

IV. Anmerkungen

Die genealogischen Methoden Wittgensteins und Foucaults stellen sich für Bernardy als Ansammlung literarischer Mittel dar, mit deren Hilfe bestimmte Wirkungen auf die Leser_innen erzielt werden können. Bernardy führt zur Untermauerung dieser These Analysen der Schriften Foucaults, Nietzsches und Wittgensteins an und demonstriert anhand dieser die verschiedenen Mittel des genealogischen Blicks. Seine Argumentation ist in ihren Schritten nachvollziehbar. Dennoch tritt die von ihm angekündigte Frage nach der Macht als produktive Größe zunehmend zurück und wird letztlich nicht beantwortet. Diesbezüglich ruft der Titel von Bernardys Buch eine Erwartung bei den Leser_innen hervor, die nicht erfüllt wird.

Fraglich ist auch, welchen genauen Dienst die Bezüge auf Wittgenstein und Nietzsche dem Autor erweisen bzw. ob sein Kernmotiv, nämlich die Bestimmung der besonderen literarischen Stilmittel des genealogischen Blicks, tatsächlich auf diese Bezüge angewiesen ist. Bernardys Ausführungen zu Wittgenstein sind eher knapp; sein Vergleich zwischen Foucault und Wittgenstein hätte durch differenziertere Darstellungen beider Werke gewinnen können. Auch Nietzsches Anteil an Bernardys Gegenüberstellung erschöpft sich ganz und gar in der Darstellung seiner Wirkung auf Foucault.

Oft wirken Bernardys Ausführungen vage; zudem wird nicht deutlich, inwiefern sich seine Abhandlung auf die Charakteristika der Macht bezieht, die er am Anfang als Kernmotiv seiner Arbeit bezeichnet. Im Verlauf seiner Darstellungen geht es vielmehr darum, mit welchen Mitteln Foucault, Nietzsche und Wittgenstein die Macht in ihren Texten darstellen. Bernardy liefert mit seiner Schrift die Analyse einer literarischen Methode, nicht eine Antwort auf die Frage nach dem Wie der Macht. Ein Verständnis für den Argumentationsverlauf seiner Darstellung ist auch uninformierten Leser_innen möglich. Den informierten Leser_innen kann Bernardys Darstellung nicht viel Neues bieten. Uneingeschränkt empfehlen lässt sich sein Buch daher nur denjenigen Leser_innen, die ohne Vorwissen an dieses Thema herantreten. Bernardy bietet eine nachvollziehbare Darstellung der literarischen Methoden des genealogischen Blicks.

Literatur

Foucault, Michel. Überwachen und Strafen, Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1994.

Fukuyama, Francis. Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir? München: Kindler, 1992

Han, Byung-Chul. Im Schwarm. Ansichten des Digitalen. Berlin: Matthes & Seitz, 2014

Naumann, Marek. Die Präsenz Nietzsches im Denken Foucaults: Eine werkanalytische Untersuchung. Saarbrücken: VDM Verlag, 2008

Saar, Martin. Genealogie als Kritik: Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2007

Sarasin, Philipp. Darwin und Foucault. Genealogie und Geschichte im Zeitalter der Biologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2009

Strittmatter, Günther/Klonk, Sabine. “Mutation”, In: Lexikon der Biologie, Bd. 9. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 2002

Volbers, Jörg. Selbsterkenntnis und Lebensform. Kritische Subjektivität nach Wittgenstein und Foucault. Bielefeld: Transcript, 2009.

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