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Zeitschrift für philosophische Literatur 3. 1 (2015), 12–18
Nagel, Thomas: Geist und Kosmos - Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist. Berlin: Suhrkamp 2013. 187 Seiten. [ISBN 978-3-518-58601-3]

Rezensiert von Christian Kietzmann (Universität Leipzig)

Geist und Kosmos hat wie wenige andere philosophische Neuerscheinungen der letzten Jahrzehnte eine intellektuelle Debatte losgetreten. Nagels Buch wurde in allen großen angelsächsischen Zeitungen und Zeitschriften ausführlich besprochen und hat höchst unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Das Spektrum reicht vom zornigen Verriss (Steven Pinker [2012]: „The shoddy reasoning of a once-great thinker“; John Dupré [2012]: „I found this book frustrating and unconvincing”) bis hin zu wohlwollendem Lob (Alvin Plantinga [2012]: “[Nagel] has […] performed an important service with his withering critical examination of some of the most common and oppressive dogmas of our age”). Was provoziert die Rezensenten zu so unterschiedlichen Einschätzungen? In Geist und Kosmos setzt Thomas Nagel eine Auseinandersetzung fort, die er schon in seinem Buch The Last Word (1997) begonnen hatte. Damals wie heute geht es ihm um die Zurückweisung von modischen Weltanschauungen, die zur Konsequenz haben, dass wir den Anspruch auf objektive Geltung, den wir in unserem Denken zwangsläufig erheben, nicht mehr ernst nehmen können. In The Last Word waren Nagels Hauptgegner verschiedene Spielarten des Subjektivismus und des Relativismus. Auf die Bedrohung, die naturalistische Erklärungsversuche von Vernunft und Moral für unser Selbstverständnis bereithalten, kam er nur kurz im letzten Kapitel zu sprechen. Dieser Gegner steht nun im Fokus seines neuen Buches. Darin wendet sich Nagel gegen ein Weltbild, das auch im Untertitel des Buches genannt wird: die „materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur“. Nagel charakterisiert sie folgendermaßen:

Zielscheibe meiner Argumentation ist ein umfassendes, spekulatives Weltbild, das durch Extrapolation aus einigen Entdeckungen der Biologie, Chemie und Physik erschlossen werden kann – eine bestimmte naturalistische Weltanschauung, die eine hierarchische Beziehung unter den Gegenständen dieser Wissenschaften postuliert und durch ihre Vereinigung die grundsätzliche Vollständigkeit einer Erklärung für alles im Universum geltend macht. (12)

Dieses Weltbild ist reduktionistisch: Es behauptet, dass sich die Gesetze der Biologie auf die der Chemie und diese wiederum auf die Gesetze der Physik zurückführen lassen und dass alle natürlichen Phänomene vollständig mit Hilfe dieser Gesetze beschrieben und erklärt werden können.

Die zu Anfang erwähnte Debatte um Nagels Buch dreht sich um den Status dieses reduktionistischen, materialistischen Bildes der Natur. Autoren wie Pinker, die sich selbst als Aufklärer verstehen, verteidigen es als die ihrer Meinung nach einzige Alternative zu dem, was sie für religiös gefärbten Obskurantismus halten. Sie denken, Nagel nehme bestimmte Einwände gegen ein naturalistisches Weltbild viel zu ernst. Religiös gläubige Philosophen wie Plantinga weisen auf die Schwachstellen des Naturalismus hin, um Raum für eine theistische Welterklärung zu schaffen. Sie loben Nagel für seine Kritik am Materialismus, bestehen aber zugleich darauf, dass er damit nicht weit genug gehe. Nagel sitzt zwischen zwei Stühlen: Er gesteht beiden Seiten einen negativen Punkt zu, lehnt aber zugleich die jeweils entscheidende positive Annahme ab. Dem Naturalisten stimmt Nagel darin zu, dass natürliche Phänomene innerhalb der Natur zu erklären sind, er lehnt jedoch die Behauptung ab, dass eine solche Erklärung reduktionistisch und materialistisch vorgehen müsse. Dem Theisten wiederum stimmt Nagel in vielen seiner kritischen Einwände gegen den Naturalismus zu, er weist aber zugleich die Vorstellung eines Schöpfergottes als letzte Erklärung zurück.

Nagels zentrales Argument gegen den materialistischen Naturalismus lautet, dass er eine Reihe von zweifellos natürlichen Phänomenen letztlich nicht verständlich machen kann. Das fängt für ihn schon beim Leben an: Nagel ist der Meinung, dass es bisher keine überzeugende Erklärung dafür gebe, wie Leben aus unbelebter Materie entstanden ist. Insbesondere folge aus keiner der gängigen Theorien, dass es hinreichend wahrscheinlich war, dass Leben überhaupt entstand. Dieser Einwand beruht auf der Annahme, dass eine Theorie die Entstehung des Lebens nur dann erklärt, wenn sie diese als wahrscheinlich ausweisen kann. Und diese Annahme setzt wiederum eine bestimmte Vorstellung von der Natur von Erklärungen voraus:

Bei der Erklärung geht es anders als bei der Verursachung nicht bloß um ein Ereignis, sondern um ein Ereignis unter einer Beschreibung. Eine Erklärung muss zeigen können, warum es wahrscheinlich war, dass ein Ereignis dieses Typs erfolgen würde. (73)

Die Forderung, dass Erklärungen das Erklärte als wahrscheinlich ausweisen müssen, taucht im Buch immer wieder auf. So führt Nagel ein analoges Argument gegen die Vorstellung ins Feld, dass die Entstehung der Arten vollständig durch die gängigen Modelle der Evolutionstheorie erklärt wird:

Im Hinblick auf die Evolution kann der Prozess natürlicher Auslese die tatsächliche Geschichte nicht erklären, ohne eine ausreichende Versorgung mit lebensfähigen Mutationen anzunehmen. Ich glaube, es bleibt weiter eine offene Frage, ob dieses Angebot geeigneter Mutationen in der geologischen Zeit lediglich aufgrund chemischer Zufälle zur Verfügung stand, ohne Zutun irgendwelcher anderer Faktoren, die die Formen der genetischen Variation bestimmen und beschränken. (19f.)

Wiederum liegt die Schwierigkeit der vorgeschlagenen Erklärung für Nagel darin, dass ihr zufolge die Entstehung der einzelnen Arten unwahrscheinlich ist. Dasselbe Argument bringt Nagel auch gegen evolutionsbiologische Erklärungen des Bewusstseins sowie der menschlichen Fähigkeiten des Denkens und Wertens vor. Auch hier scheint es, als sei die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas einfach nur durch eine Abfolge von zufälliger Mutation und anschließender Selektion überlebensdienlicher Merkmale entsteht, verschwindend gering.

Gegen evolutionäre Erklärungen des Bewusstseins sowie unseres Denkens und Wertens erhebt Nagel einen zweiten Einwand. Solche Erklärungen können ihm zufolge von sich aus nicht verständlich machen, was das, was sie erklären, eigentlich ist. Sie sind nicht in der Lage, Bewusstsein, Denken und Werten adäquat zu beschreiben. Im Fall des Bewusstseins liegt das an dessen irreduzibel subjektivem Charakter. Die erstpersonale Perspektive dessen, der Bewusstsein hat, kann nicht mit den Mitteln der drittpersonalen Perspektive der Naturwissenschaften rekonstruiert werden. Im Fall des Denkens und Wertens ergibt sich das gleiche Problem aus dem Anspruch auf objektive Gültigkeit, den diese Tätigkeiten erheben. Wir begreifen unsere Gedanken und Wertungen als wahr, oder jedenfalls als etwas, das auf Wahrheit abzielt. Indem wir sie so begreifen, nehmen wir an, dass sie den Status der Wahrheit oder Unwahrheit ganz unabhängig davon haben, was wir selbst oder irgendjemand denkt oder will, und ebenso unabhängig davon, wie diese Gedanken und Wertungen zustande kamen. Ihre Geltung ist also unabhängig vom Subjekt, das denkt oder wertet, und damit von der Genese dieses Denkens und Wertens. Umgekehrt bedeutet das, dass keine genetische Erklärung diese Geltung einzuholen vermag. Genauso wenig kann eine konstitutive, etwa hirnphysiologische oder biochemische Erklärung die objektive Gültigkeit des Denkens und Wertens verständlich machen. Jede Erklärung der objektiven Geltung eines Gedankeninhalts muss innerhalb des Denkens ansetzen, und dasselbe gilt für die objektive Geltung eines Werturteils. Nagel schreibt:

Der Versuch, sich selbst in evolutionistischen, naturalistischen Begriffen zu verstehen, muss schließlich in etwas seinen Boden finden, das für sich genommen als gültig verstanden wird – etwas, ohne das ein evolutionistisches Verständnis nicht möglich wäre. Das Denken trägt uns über die Erscheinungen hinaus zu etwas, was wir nicht bloß als eine biologisch angelegte Disposition betrachten können, deren Verlässlichkeit wir nach anderen Gründen bestimmen. Es reicht nicht aus, denken zu können, dass mir die natürliche Auslese höchstwahrscheinlich die Fähigkeit gegeben hätte, logische Wahrheiten zu erkennen, falls es sie geben würde. Das kann kein Grund für mich sein, meiner Vernunft zu trauen, weil sogar dieser Gedanke implizit vorab auf die Vernunft angewiesen ist. (118f.)

Das Programm des reduktiven Naturalismus scheitert also Nagel zufolge sowohl an der Unwahrscheinlichkeit der Erklärungen, die er anbietet, als auch am irreduziblen Eigensinn des Bewusstseins, Denkens und Wertens. Doch was soll laut Nagel an die Stelle dieses Weltbildes treten? Ein traditioneller Gegner des materialistischen Naturalismus, für dessen kritische Argumente Nagel erstaunlich viel Sympathie aufbringt, ist der kreationistische Theismus. Er begreift die Welt als Werk eines personalen Gottes sowie alle lebendigen, bewussten und denkenden Wesen als seine Geschöpfe. Ihre Existenz und Beschaffenheit verdanken sich nicht dem blinden Walten des Zufalls sowie der kumulativen Wirkung von letztlich physikalischen Naturgesetzen, sondern der Intention eines allmächtigen Wesens. Nagel lehnt jedoch auch diese Art der Erklärung ab. Sein Einwand lautet, dass der Theismus in seinem Versuch, die Welt verständlich zu machen, nicht in der Welt, sondern außerhalb von ihr ansetzt:

Der Theismus verstößt die Suche nach der Intelligibilität aus der Welt. Wenn Gott existiert, ist er nicht Teil der Naturordnung, sondern ein frei Handelnder, der nicht den Naturgesetzen unterworfen ist. Er mag zwar zum Teil handeln, indem er eine Naturordnung erschafft, aber was immer er direkt tut, kann nicht Bestandteil dieser Ordnung sein. […][E]in theistisches Selbstverständnis […] würde allerdings nicht die Art von Verständnis sein, die uns erklärt, wie Wesen wie wir in die Welt passen. Diese Art von Intelligibilität, die nach wie vor fehlen würde, ist die Intelligibilität der Naturordnung selbst – Intelligibilität von innen. (44)

Die Alternative zum materialistischen Naturalismus und zum Theismus, die Nagel vorschwebt, wird in Geist und Kosmos nur in groben Zügen skizziert. Sie besteht im Wesentlichen in dem Vorschlag, die bisher akzeptierten Naturgesetze um teleologische Entwicklungsgesetze zu erweitern, die es wahrscheinlicher machen, dass sich aus Materie lebendige sowie bewusste und denkende Wesen entwickeln. Die ausführlichste Charakterisierung seines Vorschlags lautet so:

Die Naturteleologie würde zwei Dinge erfordern. Erstens, dass die nichtteleologischen und zeitlosen Gesetze der Physik – denen die letzten Elemente des physikalischen Universums gehorchen, ganz gleich was für welche es sind – nicht vollkommen deterministisch sind. Bei einem gegebenen physikalischen Zustand des Universums in einem beliebigen Augenblick würden die Gesetze der Physik ein Spektrum alternativer Folgezustände offenlassen müssen, die vermutlich einer Wahrscheinlichkeitsverteilung unterliegen. Zweitens werden unter diesen Zukunftsmöglichkeiten einige sein, die als mögliche Schritte auf dem Weg zum Aufbau komplexerer Systeme und letztlich zu der Art von sich vervielfältigenden Systemen, die für das Leben charakteristisch sind, mehr in Frage kommen als andere. Die Existenz der Teleologie verlangt, dass die Folgezustände in dieser Untergruppe eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit haben, als es die Gesetze der Physik allein mit sich bringen – und zwar einfach deswegen, weil sie auf dem Weg zu einem bestimmten Ergebnis sind. Teleologische Gesetze würden solchen Schritten auf Pfaden im Zustandsraum eine höhere Wahrscheinlichkeit beimessen, die mit größerer ‚Geschwindigkeit‘ zu bestimmten Ergebnissen gelangen. Es wären im Wesentlichen Gesetze der Selbstorganisation der Materie – oder dessen, was noch grundlegender ist als Materie. (134f.)

Die Bedeutung von Nagels Buch liegt darin, dass es allzu optimistische Naturalisten mit den Schwierigkeiten ihres reduktionistischen Projekts konfrontiert. Insbesondere weist Nagel meiner Ansicht nach zu Recht darauf hin, dass dem Versuch, Bewusstsein und Geist auf diese Weise zu erklären, prinzipielle Probleme im Wege stehen, die aus dem subjektivem Charakter bzw. der objektiven Geltung von Überzeugungen und Wertungen resultieren. Die Alternative, die Nagel zu diesem Programm vorschlägt, ist dagegen nicht sonderlich vielversprechend. Weder Nagels hohe Ansprüche daran, was eine Erklärung hier leisten muss, noch seine Idee einer Naturteleologie im Großen können überzeugen.

Insbesondere stellen sich die folgenden Probleme für seine Argumentation: Nagel wendet gegen eine Reihe von naturalistischen Erklärungsversuchen ein, dass sie nicht in der Lage sind, die Entstehung ihres Gegenstandes als hinreichend wahrscheinlich auszuweisen. So sind die Ergebnisse der biologischen Evolution höchst unwahrscheinlich – und zwar selbst zufolge der Evolutionstheorie. Für Nagel handelt es sich damit nicht um eine gute Erklärung. Eine solche müsse mehr leisten, nämlich das zu Erklärende mit einigermaßen hoher Wahrscheinlichkeit erwartbar machen. Aber muss sie das wirklich? Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Lottospieler das Los erwirbt, auf das der Hauptgewinn fällt, ist verschwindend gering. Dennoch gewinnt jede Woche jemand im Lotto, und das wiederum ist überhaupt nicht mysteriös. Jede Vorhersage, dass ein bestimmtes Los gewinnen wird, wäre aufgrund der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses unredlich. Aber wenn das Los einmal gewonnen hat, können wir verstehen, warum das so war. Ein Los musste gewinnen, und es war eben dieses. Warum kann es sich bei der Entstehung des Lebens bzw. einzelner natürlicher Arten nicht ähnlich verhalten? Jede Vorhersage, dass so etwas geschehen würde, wäre unredlich gewesen, denn es handelte sich nur um eine unter Abermilliarden von möglichen Szenarien. Doch eine dieser Möglichkeiten musste wirklich werden, und wie die Dinge liegen, war es nun einmal genau diese. Nagel beanstandet an einem solchen Gedanken, dass manche Dinge positiv (und nicht nur durch Zufall) erklärt werden müssen; sonst sei unser Verständnis unvollständig. Er beharrt auf der „Annahme, dass bestimmte Dinge so bemerkenswert sind, dass sie als nichtzufällig erklärt werden müssen, wenn wir auf ein echtes Verständnis der Welt hinauswollen.” (17) Aber es bleibt unklar, wieso dies nicht nur ein Vorurteil ist.

Zweitens kann eine Prämisse von Nagels Rationalismus nicht unmittelbar überzeugen: Nagel begreift die Verstehbarkeit der Welt als ein Prinzip, das ihr von Anfang an innewohnt. Die Welt ist für ihn wie ein Buch, das nur darauf wartet, gelesen zu werden:

Mir scheint, dass man die wissenschaftliche Weltsicht nicht wirklich verstehen kann, wenn man nicht annimmt, dass die Intelligibilität der Welt, wie sie mit den von der Wissenschaft aufgedeckten Gesetzen beschrieben wird, selbst ein Bestandteil der tiefschürfendsten Erklärung ist, warum die Dinge so sind, wie sie sind. (31)

Nagel begründet diese Annahme so:

Wenn wir […] für dieselben Daten die eine Erklärung einer anderen vorziehen, weil sie einfacher ist und weniger willkürliche Annahmen macht, ist das nicht bloß eine ästhetische Präferenz: Wir glauben vielmehr, dass die Erklärung, die uns ein besseres Verständnis verschafft, aus eben diesem Grund eher wahr sein wird. (31f.)

Doch ist das tatsächlich der Grund dafür, dass wir eine Erklärung mit weniger anspruchsvollen Annahmen einer voraussetzungsreicheren Erklärung vorziehen? Kann man diesen Befund nicht auch ungefähr folgendermaßen erklären? Unsere wissenschaftlichen Theorien sind Hilfsmittel, die wir gebrauchen, um uns in der Welt zurechtzufinden. Von zwei gleich starken, aber unterschiedlich voraussetzungsreichen Erklärungen ist die schlankere deshalb vorzuziehen, weil sie bei gleichen Ergebnissen einfacher zu handhaben ist.

Schließlich bleibt Nagels Vorschlag, der Natur insgesamt teleologische Entwicklungstendenzen zu unterstellen, schwer verständlich. Es ist unklar, wie es möglich sein soll, dass die Welt als Ganze eine solche Tendenz aufweisen kann. Nagel verweist auf Aristoteles als den philosophischen Urahn teleologischer Naturerklärungen. Bei Aristoteles sind solche Erklärungen jedoch auf einzelne Lebewesen und ihre Merkmale begrenzt. Den Gedanken, dass die Welt als Ganze teleologisch geordnet sei, lehnt Aristoteles sogar explizit ab. (Er betont etwa, dass der Regen nicht um des Gedeihens des Getreides willen da sei. Vgl. Aristoteles: Physik II.8, 198b16ff.) Aristoteles vertritt diese Sichtweise aus gutem Grund: Eine teleologische Erklärung macht ein Phänomen dadurch verständlich, dass dieses zum Erreichen eines bestimmten Gutes unerlässlich ist. Teleologie und das Gute sind also für Aristoteles unmittelbar miteinander verknüpft. Aristoteles sieht nur zwei Bereiche, in denen man sinnvoll von einem solchen Gut sprechen kann. Erstens kann es durch das Wollen eines Handelnden gesetzt werden. Zweitens kann die Artnatur eines Lebewesens dieses Gut vorgeben. Doch für die Gesamtheit der Natur scheinen beide Optionen auszufallen: Die erste Möglichkeit kann nur jemand ernst nehmen, der einen Schöpfergott einführt, welcher als Urheber und Garant der teleologischen Tendenz fungiert. Diese Option lehnt Nagel ab. Die zweite Möglichkeit ist ebenso wenig akzeptabel, weil die Natur als Ganze kein Organismus ist, dem sinnvoll so etwas wie ein Wohlergehen oder Gedeihen und eine Artnatur zugeschrieben werden kann. Eine dritte Möglichkeit, einen bestimmten Weltzustand als gut auszuzeichnen, scheint nicht in Sicht zu sein. Der einzige Ausweg, der noch übrig bleibt, besteht darin, die enge Verbindung von Teleologie und dem Guten aufzugeben. Dann wird jedoch unklar, ob hier überhaupt noch sinnvoll von einer teleologischen Konzeption gesprochen werden kann.

Nagel hat ein sehr gut lesbares und konzises Buch geschrieben, das dem Leser klar vor Augen führt, dass der materialistische Naturalismus vor ernsthaften Problemen steht. Manchmal kommt es vor allem darauf an, wichtige Fragen erst einmal aufzuwerfen, auch wenn man sie noch nicht befriedigend beantworten kann. Weil Geist und Kosmos solche Fragen stellt, ist es ein wichtiges Buch.

Literatur

Dupré, John: „Review of Mind and Cosmos.“ In Notre Dame Philosophical Reviews, 29. Oktober 2012.

Pinker, Steven: „What has gotten into Thomas Nagel? Two philosophers expose the shoddy reasoning of a once-great thinker.“, Quelle: Twitter.com, 16. Oktober 2012, URL: <https://twitter.com/sapinker/ status/258350644979695616>, abgerufen am 22. Januar 2015.

Plantinga, Alvin: „Review of Mind and Cosmos.“ In The New Republic, 16. November 2012.

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